Trainer Oscar: „Ich denke, dass ich normal bin“
Óscar García ist der erste Salzburg-Trainer in den zwölf Jahren Red Bull, der den Meistertitel verteidigen konnte. Vor der Meisterfeier am Sonntag nach dem letzten Bundesliga-Spiel gegen Altach stand der Katalane dem KURIER Rede und Antwort.
KURIER: Mit einem Sieg in der letzten Bundesligapartie würde Salzburg auf 81 Punkte kommen. Es wäre dann die beste Saison der Ära Red Bull. Ist Ihnen das wichtig?
Oscar Garcia: Wenn Sie mir das nicht gesagt hätten, wüsste ich das gar nicht. Daran sehen Sie, dass mir Rekorde nicht wichtig sind. Ein Sieg wäre aber wichtig, um auf das Cup-Finale gegen Rapid gut vorbereitet zu sein. Und ich bin ein Trainer, der mit seiner Mannschaft sowieso immer gewinnen will.
Sie haben gemeint, dass ihr zweiter Meistertitel viel schwerer war als der erste, obwohl es anders als vergangenes Jahr mit Rapid schon lange keinen echten Verfolger gibt. Warum ist es dann schwerer gewesen?
Ich habe mich nicht auf die Konkurrenz bezogen, sondern auf interne Dinge. Es haben uns etwa Spieler zu Zeitpunkten verlassen, zu denen es für uns schwer war, die Abgänge mit neuen Spielern zu ersetzen. Ich möchte dazu aber schon anmerken, dass es mehrere Kandidaten für den Titel gegeben hat. Dafür braucht man sich nur die Tabellen der ersten Saisonhälfte anzuschauen. Da lagen Sturm und Altach noch vor uns.
Sie schauen also doch auf die Tabelle, obwohl sie immer gesagt haben, dass sie das nicht tun würden . . .
Wenn ich das gesagt habe, dann habe ich gemeint, dass ich der aktuellen Tabellensituation bis vor den letzten fünf, sechs Runden keine besondere Wichtigkeit beimesse. Du kannst eine Meisterschaft in den ersten Runden verlieren, aber du kannst sie da nie gewinnen. Das kannst du nur in den letzten Saisonspielen.
Dreier-, Vierer- oder Fünferkette in der Abwehr, ein, zwei oder drei Stürmer im Angriff. Ihre Mannschaft zeichnet diese Saison Flexibilität aus. Wieso setzen Sie wie andere Trainer nicht nur auf ein System?
Wir variieren im Vergleich zur Vorsaison mehr, weil wir jetzt Spieler haben, die auf mehreren Positionen spielen können. Und warum sollte man das nicht machen, wenn man die Möglichkeit dazu hat? Es ist besser, denn so bist du für den Gegner schwerer ausrechenbar. Dazu hat man auch mehr Möglichkeiten, um das System des Gegners auszuhebeln.
Wann sind Sie mit ihrer Mannschaft zufrieden?
Es gab Niederlagen, da war ich mit der Mannschaft sehr zufrieden. Und es gab Siege, da war ich das nicht. Ich schau also nicht auf das Resultat, sondern auf die Leistung. Denn wenn du gut spielst, wirst du auf Sicht mehr Spiele gewinnen als wenn du schlecht spielst.
Wie schwer ist es Ihnen gefallen, sich mit der strikten Philosophie in Salzburg, in der die Ausbildung junger Spieler im Mittelpunkt steht, anzufreunden?
Ich arbeite gerne mit jungen Spielern. Darüber habe ich mich auch nie beschwert. Es ist nur schwierig, wenn du Spieler entwickelst, die dann sehr schnell den Verein verlassen. Aber daran habe ich mich gewöhnt. Ich kann mit dieser Philosophie mittlerweile gut umgehen. Aber am Anfang kam einiges sehr unerwartet.
Wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Viele sagen, dass ich eigen und zurückhaltend bin. Aber das stört mich nicht. Ich denke, dass ich normal bin. Es gibt ganz wenige Menschen, die mich wirklich kennen. Auch das stört mich nicht.
Haben Sie ein Ventil, um ihre Emotionen abzubauen?
Wenn ich selbst Sport betreibe. Aber auch während eines Spiels und manchmal während eines Trainings. Die Tatsache, dass ich zurückhaltend bin, heißt nicht, dass ich die Emotionen nicht aus mir herauslasse. Aber es gibt verschiedene Arten und Weisen.
Was ist Ihnen lieber, charakterlich einfache Spieler, die fußballerisch limitiert sind, oder komplizierte Charaktere, die sportlich alles können?
Eine Mischung in der Mannschaft ist das Beste, um erfolgreich sein zu können, vielleicht die eine Hälfte so, die andere Hälfte so.
Es gibt Trainer, die halten die Zügel straff, andere diese eher locker. Wie machen Sie das?
Ich versuche normalerweise, diese straff zu halten, also ein eher strenger Trainer zu sein. Aber es hängt auch immer von der Mannschaft ab. In Tel Aviv musste ich zum Bespiel wegen der Mentalität strenger sein als hier. Man kann aber auch nicht jeden Spieler gleich behandeln.
Wie brav ist ihre Mannschaft?
Sehr brav würde ich sagen. Die jungen Spieler haben die Bereitschaft, Dinge dazu zu lernen, sind sehr offen. Aber auch die gestandenen Spieler erlauben sich nichts. Es sind alles Profis, die richtige Vorbilder für die Jungen sind. Deshalb bin ich sehr zufrieden mit meiner Mannschaft, auch weil sie mir meine Arbeit so erleichtert.
Der ehemalige Sportchef Ralf Rangnick hat Salzburg eine ganz klare Spielphilosophie vorgegeben. Wie viel von ihm steckt noch in der Mannschaft?
Es ist sehr gut, wenn für den ganzen Verein eine klare Philosophie vorgegeben ist. Ich versuche als Trainer der Profimannschaft dazu etwas beizutragen und meine Ideen einzubringen.
Sie sagen von sich selbst, dass Sie sich praktisch immer mit Fußball beschäftigen. Haben Sie keine Angst, dass Sie im Leben etwas versäumen?
Ich wollte immer Profi werden. Deshalb habe ich mich maximal dem Fußball gewidmet. Das ist auch notwendig, um sein Ziel zu erreichen. Dann musst du auf verschiedene Dinge verzichten und verpasst automatisch sehr vieles. Aber wenn du etwas machst, was du liebst und was dir Spaß macht, ist das okay. Aber jetzt, wo ich älter werde, habe ich schon eine etwas andere Sichtweise und sehe, dass es nicht nur Fußball im Leben gibt.
Sie sind jetzt knapp eineinhalb Jahre in Salzburg. Wann werden Sie erstmals in der Öffentlichkeit Deutsch sprechen?
Also einige Wörter und Sätze habe ich ja schon gesprochen. Ich bin ein Mensch, der gerne alles in Perfektion macht. Ich möchte, das alles klar rüberkommt. Und auf Deutsch ist das noch schwierig. Deshalb bevorzuge ich, Interviews auf Englisch oder Spanisch zu geben. Ich spreche auch mit den Spielern Englisch. Und wenn man sich die Ergebnisse so anschaut, dann ist das kein Problem. Nichtsdestotrotz möchte ich vielleicht Mitte der nächsten Saison anfangen, Interviews oder Pressekonferenzen auf Deutsch zu geben.
Sie haben nur in der spanischen Primera Division gespielt. Als Trainer haben Sie im Profibereich hingegen nur im Ausland gearbeitet. Warum eigentlich?
Ich hatte als Spieler auch schon Lust, Legionär zu sein. Es ist leider nie ein Transfer zustande gekommen, obwohl es Angebote aus England gab, weil sich die Vereine nicht einigen konnten. Den spanischen Fußball kenne ich in und auswendig, deshalb wollte ich als Trainer andere Länder, Kulturen und Mentalitäten kennenlernen. Das macht dich besser. Noch ist Spanien kein Thema, aber vielleicht in der Zukunft.
Wann würden Sie sagen, dass Sie in ihrer Trainerkarriere alles erreicht haben?
Ich hoffe nie. Ich denke, dass man immer mehr erreichen kann. Natürlich kann auch ein Moment kommen, wo man aufgrund der Lebensumstände und des Alters nicht mehr weitermachen kann. Zu diesem Zeitpunkt möchte ich das Gefühl haben, dass ich das Maximum aus meinen Möglichkeiten ausgeschöpft habe.
Sie sind erst 44 und trotzdem schon relativ lange im Trainergeschäft. Können Sie sich vorstellen, noch einmal etwas ganz anderes zu machen?
Natürlich, auch wenn ich sehr gerne Trainer bin. Aber wenn es nicht mehr geht, kann ich mir das sogar sehr gut vorstellen.
Und was würden Sie machen?
Ich habe als Kind im Theater gespielt, das könnte ich mir vorstellen. Und nach meiner Fußballerkarriere war ich nicht nur Kommentator, sondern auch Moderator von verschiedenen Sendungen im Fernsehen. Das könnte ich mir auch sehr gut vorstellen.
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