St. Pölten: "Wenig Tradition kann auch positiv sein"

Andreas Blumauer weiß, dass nicht alles rund läuft beim SKN.
Der SKN präsentierte sich im Herbst wie der kommende Absteiger. St. Pöltens General Manager Andreas Blumauer spricht über Fehler und Ziele.

Am Samstag beginnt beim LASK für St. Pölten die Mission Klassenerhalt. Zur Not kann sich der SKN auch über die Relegation retten. Aber wo will der Krisenklub überhaupt hin? General Manager Andreas Blumauer stellt sich einem kritischen Gespräch.

KURIER: Wofür soll der SKN in der Öffentlichkeit stehen?

Andreas Blumauer: Wir sind vor zwei Jahren bei einer Analyse draufgekommen, dass wir uns auch abseits des Rasens sehr stark weiterentwickeln müssen. Wir haben vor der Haustüre Rapid, die als Marke top sind. Da können wir nicht mithalten. Aber: Wenig Tradition kann auch positiv sein. Weil wir als jung und innovativ gelten wollen. Da haben wir klein angefangen mit Arena-Tainment, also W-LAN, SKN-TV, Radio – das soll langfristig mehr Zuschauer ins Stadion bringen.

Aber das Wichtigste ist doch der Fußball – und da geht es seit dem Aufstieg bergab.

Ja, das stimmt. Um das Risiko Abstieg zu verhindern, biegen wir kurz vom eingeschlagenen Weg ab und leihen Spieler aus, die uns den Klassenerhalt sichern sollen.

Würde der SKN einen Abstieg überhaupt überleben?

Ja. Aber das würde uns extrem weit zurückwerfen.

Ein "junger, innovativer Verein" – was soll das bedeuten?

Wir wollen mit Transfererlösen wachsen. Deswegen setzen wir auf Oliver Lederer, der Junge, vor allem Österreicher, entwickeln kann. Wir wollen unter die Top 8.

Welcher junge Spieler könnte lukrativ verkauft werden?

Keiner. Aber wir sind überzeugt, dass Innenverteidiger Ahmet Muhamedbegovic so einer wird, auch wenn er aktuell eine Schambeinentzündung hat. Auch Spieler wie Ingolitsch und Rasner haben das Potenzial dazu.

St. Pölten: "Wenig Tradition kann auch positiv sein"
ABD0264_20171216 - ST. PÖLTEN - ÖSTERREICH: v.l. David Stec (St. Pölten), Michael Huber (St. Pölten) am Samstag, 16. Dezember 2017, während der tipico-Bundesliga-Begegnung zwischen SKN St. Pölten und SK Rapid Wien in St. Pöten. - FOTO: APA/EXPA/SEBASTIAN PUCHER

Seit heuer wird mit dem portugiesischen Abstiegskandidaten Aves kooperiert. Welche Kooperation hat einem österreichischen Verein bisher nachhaltig etwas gebracht?

Wir wollen uns internationalisieren: Unser großes Asset sind die 15 strategischen Partner, die auch international als Netzwerk-Klub interessant sind. Außerdem kostet uns jedes Trainingslager 40.000 Euro. Künftig sparen wir das: Wir fahren im Winter nach Portugal, Aves kommt im Sommer zu uns. Es waren zwar zwei Talente von Aves zur Probe da, aber wir haben das nicht gemacht, um Spieler zu transferieren.

Paul Scharner kritisierte in der KURIER-Kolumne, dass lieber mit Aves kooperiert wird, anstatt endlich die Akademie zu übernehmen. Immerhin werden in St. Pölten Top-Spieler wie Florian Grillitsch oder Christoph Baumgartner entwickelt.

Das eine schließt das andere nicht aus. Ja, wir müssen noch enger mit der Akademie kooperieren. Die Übernahme ist finanziell und strategisch ein Großprojekt. So weit sind wir noch nicht.

Zum ersten Mal wurde die Übernahme der Akademie beim Regionalliga-Titel 2008 angesprochen. Seither hätte der Verein für viele Talente die Ausbildungsentschädigung kassieren können, anstatt in zweitklassige Legionäre zu investieren.

Eine Akademie kostet rund eine Million Euro pro Jahr. Okay, die Admira schafft es auch. Aber solange wir ums sportliche Überleben kämpfen, geht sich das nicht aus. Bei allem Respekt vor Karl Daxbacher: Er hätte die Jungen nicht so entwickeln können, dass genug Geld wieder reinkommt. Vielleicht geht das künftig mit Lederer.

Der SKN verdankt sein Stadion dem guten Draht zur NÖ-Landesregierung. Warum wird die politische Nähe nicht genutzt, um Hilfe bei der Akademie-Finanzierung zu erbeten?

Wir sind sehr dankbar, dass uns die Politik bei der NV-Arena geholfen hat. Aber da heißt es schon seit längerem: "Jetzt müsst ihr auf eigenen Beinen stehen." Das ist auch unsere Motivation, dafür haben wir unsere Pläne.

St. Pölten: "Wenig Tradition kann auch positiv sein"
Andreas Blumauer General Manager SKN St. Pölten

Die 15 strategischen Partner segnen alle wichtigen Entscheidungen ab, zahlen nach dem Einschreiben um 50.000 Euro aber nur 10.000 Euro pro Jahr. Ist es das wert, dafür Macht abzugeben und öffentliche Streitereien wie bei der Ablöse von Trainer Fallmann zu erleben?

Ja, weil neben dem Geld auch Know-how und Kontakte reinkommen. Intern gibt es eine klare Struktur, wer wann was zu sagen hat. In der Regel richten sich alle danach.

Langjährige Funktionäre wie Scherb, Brunnauer, Daxbacher, Schinkels oder Fallmann kommen aus der Region. Mittlerweile gibt es kaum noch St. Pöltner im Verein. Ist die Internationalisierung wichtiger?

Nein. Mittlerweile sind wir kein regionaler Verein mehr, sondern ein nationaler. Und da müssen wir überregional die besten Köpfe suchen. Auch wenn die Leute schimpfen: Fast alle St. Pöltner, die helfen können, waren schon bei uns. Aus verschiedenen Gründen kam es dann zu den Trennungen.

Die Verbesserung durch Markus Schupp ist zumindest nach außen nicht wahrzunehmen. Wie hat der deutsche Sportdirektor dem SKN geholfen?

Schupp wollte gleich die deutsche Professionalität reinbringen, da mussten einige Leute umdenken. Es hat Reibungsverluste gegeben: da der gründliche Deutsche, dort die SKN-Familie. Jetzt wird das Schritt für Schritt zusammengefügt.

Der SKN wird nicht einmal in St. Pölten positiv wahrgenommen. Wie soll sich das ändern?

Wir sind nicht in der Spur, so ehrlich bin ich. Aber es ist klar strukturiert, wie wir arbeiten wollen. Wenn wir in die Spur kommen, geht es bergauf, mit mehr Ruhe. Dann werden wir auch wieder sympathischer wirken.

Werden zum Saisonende Trainer Lederer und Sportdirektor Schupp noch im Amt sein?

Es ist geplant. Aber Garantien gibt es im Fußball nie.

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