Krammer: "Diesen Status haben wir uns erarbeitet"

Im Büro von Michael Krammer hängt das Bild von der Titelfeier 2008. Heute wäre ein Erfolg von Rapid gegen Salzburg eine Überraschung
Rapid-Präsident Michael Krammer im KURIER-Interview über die Fans, den Trainer, den TV-Vertrag und seine Zukunft.

Es gab schon angenehmere Zeiten für einen Rapid-Präsidenten. Vor dem Schlagerspiel in Salzburg stellt sich Michael Krammer, 57, dennoch einem KURIER-Interview.

KURIER: Bereitet Ihnen das Präsidentenamt bei Rapid Adduktorenschmerzen?

Michael Krammer: (denkt lange nach) Geht’s um den Spagat?

Genau. Sie wollen die Fan-Szene genauso wie die Sponsoren zufriedenstellen. Die VIPs genauso wie langjährige Abonnenten. Die Titel-Forderer genauso wie die Nachwuchs-Freunde.

Stimmt, das ist bei einem großen Verein wie dem SK Rapid so. Ich versuche, dem Vorstandsvorsitzenden des Hauptsponsors genauso auf Augenhöhe zu begegnen wie dem Fan, der sich die letzten Euros für das Abo anspart.

Dieser Spagat kann sich nicht auf Dauer ausgehen.

Dann muss ich Prioritäten setzen. Es gibt Prinzipien, die immer gelten: Wenn ich das Gefühl hab’, dass etwas Rapid richtig schadet, greife ich ein.

Wobei die Wahrnehmungen, ab wann Rapid Schaden nimmt, offensichtlich abweichend sind ...

Es gibt unterschiedliche Perspektiven. Ich hole viele Meinungen ein, treffe die Entscheidungen im kleineren Kreis und trage am Ende dafür auch die Verantwortung.

Sind Sie mit der Fan-Arbeit bei Rapid zufrieden?

Ja, sehr. Wenn wir in 20 Jahren nur zwei Titel holen, aber trotzdem 20.000 Zuschauer im Schnitt haben, müssen wir sehr viel richtig gemacht haben.

Rapid ist stolz, in der Medienpräsenz die Nr. 1 zu sein. Auf öffentliche Kritik wurde zuletzt aber wehleidig reagiert. Warum?

Kritik ist berechtigt. Es gibt Situationen, bei denen die Kritik an uns riesig ist und bei anderen Vereinen wäre es egal. Aber dann denke ich mir nach ein paar Stunden: Das ist halt Rapid, diesen Status haben wir uns erarbeitet. Probleme habe ich damit nur, wenn es ganz allein um’s Draufhauen geht.

Ex-Basel-Präsident Heusler hat den Tipp gegeben: Dialog, aber auch Repression, wenn nötig. War der zweite Teil bei Rapid zuletzt nicht präsent genug?

Vielleicht in der öffentlichen Wahrnehmung. Das liegt auch daran, dass wir über unsere Probleme öffentlich nicht viel reden wollten. Nicht jede Sanktionierung braucht Presseaussendungen.

Sie kündigen Regress für die Verursacher der Blocksperre an. Die vom Verein geschätzte "Rechtshilfe Rapid" ist strikt dagegen. Wie passt das zusammen?

Ich bin unterstützendes Mitglied der "Rechtshilfe", weil ich es wichtig finde, dass Rapidler juristische Unterstützung bekommen. Andererseits werde ich als Präsident den Regress durchziehen – welche Argumente besser sind, wird dann juristisch entschieden.

Nach dem Derby-Ende wurde Tormann Pentz beworfen. Warum gab es keine Sanktionen?

Ich hoffe, er wurde nicht getroffen, wenn dem so war. Es kam im Bundesliga-Bericht nicht vor, und wir haben uns auch darauf konzentriert, was während des Spiels passiert ist.

Sie setzen für Ihr Geschäftsmodell auf die Stimmung im Block West und wollen deswegen mit der Fanszene kooperieren. Ultras sehen sich aber immer als Opposition. Deswegen ist es doch nur logisch, dass es immer wieder Probleme gibt.

Wir führen diesen Dialog, um die jeweils andere Seite zu verstehen. Ich schätze die Konsequenz der Ultras-Bewegung, aber ganz stringent sind auch sie nicht: Sie sind gegen den Kommerz, verkaufen aber eigene Fan-Artikel und Getränkesorten. Meine Erfahrung ist: Wenn man jemanden persönlich kennt und redet, tut man sich schwerer, dem das Hack’l ins Kreuz zu hauen.

Wurde Ihnen zuletzt dieses Hack’l ins Kreuz gehauen?

Es mag für Außenstehende so wirken, ich selbst empfinde es aber nicht so.

Sportdirektor Bickel kündigte im Dezember an, den Vertrag mit Trainer Djuricin nach ein, zwei Siegen im Frühjahr zu verlängern. Gilt das nicht mehr?

Wir haben volles Vertrauen in Djuricin, aber es gibt keine Eile. Wenn die Entwicklung und Ergebnisse so eintreten, wie er jeden Tag dafür arbeitet, ergibt sich eine Verlängerung dann ohnehin von selbst.

Kann ein Rapid-Trainer auch an seiner öffentlichen Wahrnehmung scheitern? Weil unglückliche oder unpassende Aussagen mehr zählen als Siege?

Wenn ich mir die Interviews diverser mit Adrenalin vollgepumpter Trainer, auch von Ex-Rapidlern, anschaue, würde nach dieser Zählung kaum einer übrig bleiben.

Ich kann mich nicht an einen öffentlichen Fauxpas von Zoran Barisic erinnern. Denken Sie sich manchmal: ’Hätte ich 2016 doch mehr auf Barisic und weniger auf Müller gehört – da hätte ich mir viel erspart’?

Ganz ehrlich: Na sicher hab’ ich darüber nachgedacht! So wie die Dinge dann gelaufen sind ...

Wie sind die letzten Monate von Steffen Hofmanns Karriere würdevoll zu Ende zu bringen?

Gibt es etwas Würdevolleres, als einem Spieler schon einen Nachfolge-Vertrag anzubieten, weil wir ihn alle so schätzen? Steffen ist bereits ein toller Talente-Manager! Ob er daneben noch spielen soll, können die sportlich Verantwortlichen am besten beurteilen. Sie sehen ihn jeden Tag im Training, da mische ich mich sicher nicht ein.

Krammer: "Diesen Status haben wir uns erarbeitet"
ABD0064_20180205 - WIEN - ÖSTERREICH: Rapid-Präsident Michael Krammer anl. einer PK zu den Ausschreitungen von Rapid-"Fans" im Derby gegen Austria Wien, Montag, 05. Februar 2018, in Wien. - FOTO: APA/HANS PUNZ

Sie sind auf Sky sauer, weil die vier Free-TV-Spiele an A1 weiterverkauft werden sollen. Warum hat Rapid überhaupt der Grundsatzeinigung mit allen Rechten für Sky zugestimmt?

Weil Sky damals vier echte Free-TV-Spiele angekündigt hat und nicht so etwas wie A1 TV. Diese vier Spiele sind als Leuchtturm wichtig, damit der Fußball als Volkssport erhalten bleiben kann.

Oder ärgern Sie sich, weil Ihr Produkt HoT über das Netz von T-Mobile läuft und A1 als Konkurrent gestärkt würde?

HoT hat kein TV, da geht es nicht um meine Firma. Wenn der Vertrag so unterschrieben wird, ist das eine Katastrophe. Weil der Fußball fast vollständig hinter der Paywall verschwinden würde.

Per Doppelseite in der "Krone bunt" wurde Hans Peter Doskozil als möglicher nächster Rapid-Präsident präsentiert. Ist damit der Wahlkampf eröffnet? Oder wollen Sie 2019 ohnehin an Doskozil übergeben?

Ich habe durch einen KURIER-Bericht erfahren, dass Doskozil ein riesiger Rapid-Fan ist. Wir haben uns getroffen, er wurde zum wertvollen Mitglied im Beirat. Ich gehe davon aus, dass Hans Peter der nächste burgenländische Landeshauptmann wird. Ob dieses Amt mit dem eines Rapid-Präsidenten zu verbinden wäre, weiß ich nicht.

Haben Sie schon entschieden, ob Sie für eine dritte Amtszeit zur Verfügung stehen würden?

Spätestens bei der Hauptversammlung im November werde ich kundtun, ob ich einen Nachfolger suche oder 2019 wieder kandidiere. Das muss ich mir noch überlegen.

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