Die Salzburger siegen die Red-Bull-Arena leer

Andreas Ulmer vor leeren Rängen
Der Serienmeister eilt auch diese Saison von Erfolg zu Erfolg, die Zuschauer bleiben trotzdem zu Hause.

Voller Erfolg garantiert keine vollen Ränge. Das zeigt sich derzeit in Salzburg. Am Montag jährte die bislang letzte Heimniederlage. Am 27. November 2016 gewann die Admira in der Red-Bull-Arena 1:0. 26 Heimspiele ist Salzburg vor dem heutigen Gastspiel von Mattersburg (18.30 Uhr/live Sky Austria) ungeschlagen, 20 Partien wurden gewonnen. Dazu gab es sechs Unentschieden.

Trotzdem kommen nur wenige Zuschauer, auch heute werden es maximal 5000 bis 6000 sein. Lange ist es her, dass der Serienmeister auch Zuschauerkönig in der Bundesliga war. In den ersten beiden Red-Bull-Saisonen (2005/’06, 2006/’07) pilgerten praktisch immer 15.000, 16.000 in das damals oft zu kleine Stadion nach Wals-Siezenheim. Mittlerweile passen nach dem Ausbau für die EM 2008 fast doppelt so viele Zuschauer in die Arena, der Zuspruch hat sich aber in zehn Jahren halbiert – aus verschiedenen Gründen.

Anfängerfehler

Einige liegen in der Startzeit des Projektes. Durch Aussagen von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz waren Erwartungen geschürt worden, die der Klub nicht erfüllte. Um – wie suggeriert – wirklich ein Stammgast in der Champions League zu werden , wurde das Geld zu planlos investiert und viel zu viele falsche Personalentscheidungen getroffen.

Auch die Medien spielten das Spiel mit. Der brasilianische Ronaldo, Nedved oder Ronaldinho: Große Namen wurden mit Salzburg in Verbindung gebracht. Gekommen ist kein einziger internationaler Star, sondern viel zu viele namenlose Legionäre, die immer weniger Zuschauer aus dem Pinzgau, dem Pongau, dem Flachgau oder dem Innviertel nach Salzburg lockten.

Dazu schätze Red Bull völlig falsch ein, was Fans eigentlich wichtig ist. Natürlich war es nicht in Ordnung, dass die Hardcorefans Mateschitz’ Mutter beschimpften, genauso wenig war zu akzeptieren, dass es Krawalle gab. Aber auf diese Fans zugegangen ist der Konzern halbherzig, Kompromissbereitschaft gab es keine. Der Klubname wurde genauso geändert wie die Vereinsfarben. Dazu wurde die Klubhistorie offiziell ausgelöscht.

Fanflucht

Die rund 2000 Fans, die entweder entfernt oder verjagt worden sind, gingen nicht in den Anfangsjahren ab, als das Projekt noch außergewöhnlich war und die Tribünen sowieso voll waren. Die Strahlkraft des Weltkonzerns Red Bull ist allerdings längst verblasst, die Ränge leer, und es fällt ins Gewicht, dass diese problematischen, aber auch treuen Anhänger nicht mehr da sind.

Red Bull hat allerdings weiter eine organisierte Fanszene, obwohl sich große Fanklubs vor zwölf Jahren ein für allemal verabschiedet hatten. Doch der sowieso kleine Fanblock zeigt jetzt Auflösungstendenzen. Auch der Verein hat die Problematik erkannt. Doch mit der Ursachenforschung ist man in einer Sackgasse angelangt. "Es ist schwierig, wir stellen uns die Frage auch. Wir können es uns nicht immer erklären", meint Sportchef Christoph Freund.

Salzburg hat einen Fanblock mit einer eigenartigen Struktur. Ein Fanklub mit Einfluss wie etwa die Ultras Rapid fehlt. 63 listet der Verein auf seiner Homepage auf. Selbst in Fankreisen wird gewitzelt, dass jeder Zuschauer auf der Nordtribüne ein Fanklub ist. Immer wieder gab es Probleme unter den verschiedenen Gruppen. Viele gaben auf, einige existieren nur mehr auf dem Papier.

Umstrittene Klubpolitik

Dazu hat den Fans vieles so sauer aufgestoßen, dass sogar der Erfolg die Anziehungskraft verloren hat. Mit der Klubpolitik können viele wenig anfangen. Mateschitz’ Ankündigung im Jahr 2010, dass Salzburg quasi ein Farmteam von RB Leipzig werden wird, war die Zäsur. Danach gingen die Zuschauerzahlen noch merklicher zurück.

Die Transfers zum deutschen RB-Klub sind Stiche ins Fanherz. Dass Freund die Philosophie als "alternativlos" erklärte, kam auch nicht gut an. Nur wenige können sich mit Spielern identifizieren, bei denen klar ist, dass sie nur kurz bleiben werden.

2014 passierte dazu etwas, was für jeden Fanblock problematisch ist: Die Salzburg-Fans mussten mit den Gästefans Platz tauschen, wurden von der Süd- auf die Nordtribüne umgesiedelt – aus Sicherheitsgründen. Jetzt können die Busse der Gästefams direkt bis zum Stadion fahren. Die stehen jetzt im Schatten, während die Heimfans der Sonne ausgesetzt sind. Begeisterungsstürme hat das keine ausgelöst.

Meisterstern-Theater

Ein Thema, das für viele Fans endgültig den Bruch mit dem Klub bedeutet hat, war ein Salzburger Eigentor der besonderen Art. In den eigenen sozialen Netzwerken hatte der Klub den Fans den Stern im Vereinslogo für den zehnten Meistertitel als ein Ziel angepriesen. Als dieser 2016 fix war, war keine Rede mehr davon. "In Abstimmung mit Partnern und Sponsoren" wurde auf das Prestigeobjekt verzichtet, weil es in Österreich "keinerlei Regelungen im Zusammenhang mit der Verwendung von Meistersternen gibt", lautete die Begründung, die zu einem Sturm der Empörung führte.

Den Salzburger Funktionären waren die Hände gebunden. Die Entscheidung traf Oliver Mintzlaff, damals als Head of Soccer für die Red-Bull-Klubs zuständig. Diesen Posten gibt es nicht mehr, Mintzlaff arbeitet nur mehr für Leipzig. Dass der Stern trotzdem kein Thema ist, wurde schnell klargestellt. Die praktische Selbstauflösung der eigenen Fanszene als Preis dafür, scheint in Kauf genommen zu werden.

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