Canadi: "Entscheidungen bereue ich nie"

In Action: Rapid-Trainer Damir Canadi
Damir Canadi hält eisern Kurs. Der Rapid-Coach spricht über sein System und seinen Umgangston

Heute findet das "Rettungsspiel" Vienna – Rapid auf der Hohen Warte statt (15.30 Uhr). Danach geht es um die Rettung von Damir Canadi in Hütteldorf. Der 46-jährige Wiener hält nach 14 Pflichtspielen bei elf Punkten und sieben Spielen ohne Sieg. Das ist mit dem teuersten Kader der Vereinsgeschichte die mit Abstand schlechteste Bilanz aller Rapid-Trainer. Zuletzt wurden auch intern die Stimmen kritischer. Im KURIER-Interview präsentiert sich Canadi dennoch mit viel Selbstvertrauen.

KURIER: Sie haben auf Facebook gepostet: "Die Situation ist mir als Trainer neu." Ist es auch Ihre schwierigste?

Damir Canadi: Nein. Sie ist neu, weil es aus sechs Spielen nur drei Punkte gab. Das tut extrem weh. Wie das medial begleitet wird, ist mir auch neu.

Rapid ist Ihr erster Großklub, aber Sie haben schon viel erlebt. Wie entscheidet es sich, aus einer Krise auch rauszukommen?

Das, was wir uns vorgenommen haben, müssen wir umsetzen. Auch wenn es länger dauert als ich mir gedacht habe. Hauptsächlich aufgrund von Verletzungen. Da wird es schwerer, die Mannschaft zu stabilisieren.

Im Frühjahr 2016 stand Ihre Zusammenarbeit mit Altach im Abstiegskampf auf der Kippe. Wie haben Sie es damals geschafft, noch einen Erfolgsrun zu starten?

Der Grund für die Probleme war ein Rückfall von Spielern in die Komfortzone nach vielen Erfolgen. Wenn drei, vier Prozente fehlen, gehen manche Spiele knapp verloren. Das erinnert mich an die Situation jetzt hier bei Rapid.

In der Länderspielpause hätten Sie Zeit, um etwas zu ändern. Werden Sie das versuchen?

Wir sind auf dem richtigen Weg! Nur beim Ergebnis sind wir auf dem falschen Weg, aber nicht inhaltlich oder beim Fußball, den wir spielen. Es liegt nicht an den Dingen wie Systemen, die öffentlich diskutiert werden. Wir wollen auch Ballbesitz. Auch unter Damir Canadi kann Rapid 600 Pässe spielen. Es fehlen nur Kleinigkeiten.

Nach Ihrem zweiten Spiel, dem 0:1 in Genk, haben Sie gesagt, dass es im Fußball Glück und Pech nicht gibt. War es Ihnen schon unangenehm, dass Sie in den letzten Wochen doch immer wieder diese Kategorien bemüht haben, um etwas Positives zu finden?

Nein, absolut nicht. Wir sind weiter für Glück und Pech verantwortlich. Das liegt an Dingen, die wir intern bei den Spielern, bei den Trainern, aber auch bei Vorgängen vor meiner Zeit suchen und analysieren.

Sie haben beim Amtsantritt im KURIER-Interview gesagt, dass die Frage der Zukunft nicht ein System sein wird, "sondern, wie viele Systeme in 90 Minuten gespielt werden". Warum wird seit dem 0:0 gegen die Admira stur das 3-4-2-1 durchgezogen?

Wir spielen ein 3-4-3. Zusätzlich haben wir uns mit dem 3-5-2 eine zweite Variante erarbeitet. Es ist sehr schwierig, dazu ein 4-4-2 oder 4-3-3 einzulernen, wenn nicht alle Spieler zur Verfügung stehen. Es ist wichtig, bei schlechten Ergebnissen den Halt mit dem eingelernten System zu geben. Die Leistungen zeigen, dass das richtig ist.

Warum lassen Sie einen Fußball spielen, für den der Kader vergangenen Sommer nicht ausgerichtet wurde? Sie hatten bereits mit acht Systemen Erfolg, Sie hätten also auch andere Spielanlagen drauf.

Rapid hat vor meiner Zeit sehr viele Großchancen zugelassen, wurde oft ausgekontert. Das liegt auch am Tempo und der Qualität, auf die bei der Zusammenstellung des Kaders nicht geachtet wurde. Da wurden im Sommer falsche Entscheidungen getroffen. Deswegen soll die Dreierkette Stabilität bringen. Da geben mir die Spiele recht.

Einer der Schnellsten ist Schobesberger. Er hat bei ihrem Debüt erstmals locker mittrainiert und schon zehn Tage später das Comeback gegeben. Nach zwei Einsätzen mit insgesamt 87 Spielminuten fehlt er wegen einer Folgeverletzung mindestens sechs Monate. Haben Sie zu viel riskiert?

Das ärztliche Team hat die Freigabe gegeben, er selbst hat sich fit gemeldet. Da haben drei Parteien entschieden, nicht ich alleine.

Wie zufrieden sind Sie mit der körperlichen Verfassung der Mannschaft?

Ich bin zufriedener als am Anfang, aber ich bin nie zufrieden.

Bei einem Trainingsbesuch vor dem Admira-Spiel haben Sie mir gegenüber von U-19-Teamspieler Arase geschwärmt: "Er braucht noch ein bissel. Aber in einem halben Jahr können sich Schaub und Murg anhalten." Zwei Wochen später haben Sie erklärt, "dass Arase sicher nicht helfen kann. Vielleicht wird er in ein, zwei Jahren ein Thema." Was ist da passiert?

Gar nichts! Ich habe sicher nicht von sechs Monaten gesprochen, aber in ein, zwei Jahren kann er Rapid helfen.

Es herrscht bei Rapid über einige Punkte Verwunderung. Ich möchte Sie bitten, dazu Stellung zu nehmen. Warum waren Sie an mehreren Trainingstagen nicht auf dem Platz?

Ich bin immer da, und wenn mal nicht direkt am Platz, dann in der Kraftkammer bei den Verletzten. Oder in der Kabine, wo wir ebenso Arbeitsbereiche haben.

Sie haben Tamas Szanto vorgeworfen, dass er zu viel Respekt vor Steffen Hofmann hat. Wie ist das zu verstehen?

Das ist falsch interpretiert. Szanto hat großen Respekt, er ist sehr anständig. Mir geht es darum, dass er sich von Steffen abschaut, wie er sich im Training auch gegen ihn durchsetzen kann.

Sie haben bei Murg und Schaub die Dribblings kritisiert. Zu Schaub haben Sie gesagt: "Dich wird einer deswegen mal zusammenschneiden. Wenn du dann länger verletzt sein solltest, wirst du darüber nachdenken." Wie meinen Sie das?

Das sind Interna, die ich mit den Spielern bespreche.

Sie wollen ein Meisterteam formen. Sehen Sie mit diesem Kader die Möglichkeit, oder muss da ein großer Umbruch her?

In der derzeitigen Verfassung ist dieses Team sicher nicht dazu in der Lage. Einen Umbruch kann es aber nur geben, wenn Verträge auslaufen. Es laufen nur drei Verträge aus. Ich weiß nicht, wann der Sportdirektor entscheidet, mit wem davon verlängert wird, oder ob andere Spieler gehen.

Haben Sie sich schon einmal gedacht: "Wäre ich doch in Altach geblieben"?

Nein, es macht mir Spaß hier. Entscheidungen bereue ich nie. Ich lebe im Heute. Aber ich mache mir immer Gedanken, was ich besser machen kann. Und ich möchte noch etwas festhalten.

Und zwar?

Ich werde gerne mit meinen Vorgängern verglichen. Aber wenn man die Zahlen richtig interpretieren kann, spielen wir sicher nicht schlechter als früher. Wir haben uns in sehr vielen Bereichen gesteigert! Es geht nur noch ums Belohnen.

Damir Canadi betont stets seine Authentizität. Davon konnten sich bei der jüngsten Kuratoriumssitzung auch die wichtigsten Sponsorenvertreter und Politiker mit Verbindung zu Rapid ein Bild machen.

Der KURIER bat den Rapid-Trainer zu zwei Stellungnahmen. Erstens zu:

Vergangene Woche bei der Kuratoriumssitzung haben Sie sich vor rund 35 Anwesenden beschwert – über „besoffene Platzwarte der Stadt Wien“ und über die „Wiese, auf die nicht einmal ein Hund geschickt werden sollte“.

Und nach einer Antwort von Canadi die Präzisierung:

Der Punkt ist: Im Kuratorium sitzen Sponsorenvertreter und Politiker, die sich über den Ton des Rapid-Trainers wundern..?

Auch diese Frage wurde beantwortet. Bei der Autorisierung des KURIER-Interviews legte Canadi aber schließlich Wert darauf, dass er zu beiden Fragen „nicht Stellung nehmen will“.

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