Boxhoffnung Nader winkt erster Titel

Boxhoffnung Nader winkt erster Titel
Der 22-jährige Marcos Nader ist Österreichs bester Boxer. Er ist noch einen Sieg vom ersten Titelkampf entfernt.

Es riecht nach Schweiß, die Luft im Raum steht. Sechs Gestalten durchschneiden sie bei ihren Übungen mit den Armen wie Messer. Es ist einer der heißesten Tage des Jahres und die Sportler stöhnen unter den Belastungen, die ihnen Trainer Daniel Nader auferlegt. Zwischen den Aufgaben dreht er sich ab und bemängelt "keiner will sich quälen". Die sechs, die sich so abmühen und doch nicht genügen, sind Boxer. Und der Profi unter ihnen will noch heuer um seinen ersten internationalen Titel kämpfen.

Sein Name ist Marcos Nader, der jüngere Bruder des Trainers, der die Gruppe beim Schattenboxen noch einmal antreibt. Nach dem letzten Intervall der Tortur verzieht Daniel doch anerkennend die Mundwinkel und meint "na also, geht ja".

Der 22-jährige Marcos bestreitet am Samstag in Bamberg (GER) bereits seinen 16. Profikampf. Zum zweiten Mal in seiner jungen Karriere stehen für den ungeschlagenen Mittelgewichtler (bis 72,574 kg) zehn Runden an. Gegner ist der 30-jährige Damien Bertu mit einem Kampfrekord von 25 Siegen, sechs Niederlagen und einem Remis. Bereits mehrfach boxte der Franzose um einen nationalen Titel. Behält Nader seine weiße Weste und bleibt dabei unverletzt, kämpft er am 2. November im Schwechater Multiversum um den ersten, heiß ersehnten Gürtel. Der (zwischenzeitliche) Karriere-Höhepunkt für den auf Ibiza geborenen Sohn eines Österreichers und einer Serbin.

Erfolgreiche Jugend

Begonnen hat er mit dem Faustkampf durch Bruder Daniel, der selbst erfolgreich im Ring stand. Früh entwickelte Marcos Anspruchsdenken und Zielstrebigkeit. "Andere Burschen sind mit sieben, acht Jahren ins Bad oder Kicken gegangen, ich habe trainiert. Ich hätte sonst ein schlechtes Gewissen gehabt. Das klingt vielleicht hart, macht sich heute aber bezahlt", erzählt er nach dem schweißtreibenden Training.

Insgesamt bestritt er 98 Amateurkämpfe, von denen er 83 gewinnen und zwei Mal Bronze bei Nachwuchs-Europameisterschaften einheimsen konnte. Dass er glaubt, bei mancher Niederlage in Wahrheit gewonnen zu haben, daraus macht Nader keinen Hehl. So ist das im Boxsport, wenn man für den internationalen Winzling "Austria"  antritt.

Zu schaffen machten Nader bisweilen aber auch heimische Funktionäre. Vor der Jugend-WM 2008 in Mexiko legte man beim Verband die Qualifikationshürde utopisch hoch, um sich allfällige Reisekosten  zu sparen. Bis heute verbirgt im Nader-Lager niemand die Freude darüber, dass Marcos den enommierten Brandenburg Cup gewinnen konnte, alle Anforderungen erfüllte und nach Mexiko flog. Dort verlor er den zweiten Kampf gegen den Lokalmatadoren und späteren Goldmedaillengewinner Oscar Molina. Danach stand Nader vor der Frage, wie seine Karriere weiter verlaufen sollte.

Geplatzter und neuer Traum

"Mit einigen der Athleten bin ich aufgewachsen", kommentiert er heute das Boxturnier der Spiele von London, bei dem er gern dabei gewesen wäre. "Olympia war mein Traum und ein paar meiner Passwörter im Internet haben mit dem Wort Olympia zu tun", offenbart Nader. 2008 waren Rahmenbedingungen und finanzielle Mittel in Österreich für olympische Boxer aber nicht gegeben, um die volle Konzentration auf den Sport zuzulassen.

Da stellte sich Marcos` österreichisches Exotentum als Glücksfall heraus, er geriet ins Blickfeld des großen, deutschen Profi-Boxstalls von Wilfried Sauerland, der Weltmeister wie Henry Maske oder Arthur Abraham hervorbrachte. 2009 debütierte Nader  mit einem Punktsieg gegen den Italiener Fares Sahawneh im Profigeschäft.

Sein damaliger Entdecker bei Sauerland, Matchmaker Hagen Doering, gibt für den Kampf gegen Bertu die Richtung vor: "Er soll einen klaren Sieg einfahren und sich für höhere Aufgaben empfehlen". Marcos selbst will den "langen, großen Flitzer" in der Halbdistanz und im Infight stellen.

Dass die Chancen auf Olympia-Teilnahmen für österreichische Kämpfer in Zukunft größer sind, daran arbeiten Bruder Daniel als Trainer des Leistungszentrums Ost und Vater Roman, der dem Verband mittlerweile als Präsident vorsteht. Für 2016 in Rio soll es mit der Qualifikation klappen und jemand das Erbe von Biko Botowamungu antreten, der 1988 als letzter Österreicher in Seoul boxte. Marcos wird die Olympia-Teilnahme verwehrt bleiben, womit er seinen Frieden gemacht hat: "Ich bin jetzt Profi bei Sauerland. Dort kann man Europa- und Weltmeister werden. Das will ich."

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