Behindertensportverband: Eine Million Euro weg

Behindertensportverband: Eine Million Euro weg
Der ehemalige Finanzreferent des Verbandes ist geständig. Sportler bangen um das Olympia-Budget.

Präsidiumssitzung im Österreichischen Behindertensportverband (ÖBSV). Rauchende Köpfe. Präsident Robert Bauer und Vizepräsident Sepp Loisinger in intensiven Beratungen mit einem Arbeitsrechts- und einem Kommunikationsexperten. Wie umgehen mit den traurigen und skandalösen Umständen, die den Verband wie ein Erdbeben erschüttern?

Am besten transparent.

1,06 Millionen Euro sind im Österreichischen Behindertensportverband laut derzeitigem Stand in den letzten Monaten abgezweigt worden. Von einem Mitarbeiter. Die Summe wiegt umso schwerer, zumal der Behindertensportverband ohnehin um jeden Funken Anerkennung und somit um jeden Cent Fördergeld zu kämpfen hat.

1,06 Millionen Euro wurden veruntreut. Die Schlüsselfigur in diesem Kriminalstück ist der ehemalige Finanzreferent des Verbandes. Er ist geständig, hat Selbstanzeige erstattet und wurde fristlos entlassen.

Doch wie konnte es so weit kommen? Wie konnte diese überschaubare Organisation, die sich dem Wohl von benachteiligten Sportlern verschrieben hat, um einen derart hohen Betrag betrogen werden?

Der Finanzreferent gilt als penibler Mann. Als Mitarbeiter, dem man Vertrauen schenkt, das er auch ausstrahlt. Laut KURIER-Informationen ist er jedoch einem dubiosen Anlageberatungsunternehmen aufgesessen, gegen das Kriminalisten aus Niederösterreich bereits vor Wochen Ermittlungen eingeleitet haben.

Der Fälscher

Der Finanzreferent der Behindertensportler hatte sich ködern lassen mit großen Versprechen. Er investierte erst nur die eigenen Ersparnisse. Als die dann dahin waren, wurde er von den Anlageprofis zum Nachzahlen bewegt – der Turnaround sei in Sicht. Der Referent, der die Kontrolle über die ÖBSV-Konten hatte, griff in die Verbandskassen. Er verschob das Geld erst auf sein Privatkonto, um es dann wieder den Anlegern zuzuführen, bestätigt Arbeitsrechtsprofessor Franz Marhold, der dem Verband in dieser heiklen Causa zur Seite steht. Der Referent habe Belege gefälscht, selbst der Steuerberater sei mit geschönten Kontoständen getäuscht worden.

Ein Ende mit Schrecken war nur noch eine Frage der Zeit. Und die kam am 23. November, als der Finanzreferent von Kriminalisten einvernommen wurde. Dabei dürfte ihm gedämmert sein, dass das von ihm veranlagte Geld verloren war.

Am 5. Dezember tauchte der Referent mit seinem Anwalt im Behindertensportverband auf. Er legte ein Geständnis ab. Tags darauf wurde er fristlos entlassen. Den Verbandsverantwortlichen offenbarte sich die Dimension mit voller Wucht.

Die Sonderprüfung

Das Präsidium des Behindertensportverbandes informierte Montagvormittag die Landesverbände. Zudem wurde eine renommierte Wiener Wirtschaftsprüfungskanzlei mit einer Sonderprüfung der Finanzen beauftragt. Ein Ergebnis wird für Mitte Jänner erwartet, dann soll auch eine außerordentliche Generalversammlung stattfinden. Dabei soll auch über etwaige Sparmaßnahmen beratschlagt werden. Denn eines scheint gewiss: Die veruntreute Million dürfte auf Nimmerwiedersehen in dunklen Kanälen verschwunden sein.

Bei den Aufräumarbeiten wird der Behindertensport vom renommierten Arbeitsrechtsexperten Franz Marhold unterstützt. Er wird den Verband ebenso unentgeltlich unterstützen wie Kommunikationsberater Daniel Kapp, der ehemalige Sprecher von Ex-Vizekanzler Josef Pröll.

Doppelt bitter für die Athleten: Der Millionenschaden betrifft in etwa zur Hälfte auch Gelder, die für die Paralympics 2012 budgetiert waren. Der Verband blickt trotz des schweren Schlages kämpferisch in die Zukunft. In London soll wieder ausschließlich das Wesentliche im Fokus stehen: Die Athleten und ihre Erfolge.

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