Bahnrad: Krise und Spitzensport in Wien
Weltmeister, Weltcupsieger und Europameister in Wien. Das ist die eine Seite des Grand Prix Vienna, der am Freitag mit dem Höhepunkt, dem Madison-Bewerb, zu Ende geht. 150 Euro Preisgeld pro Disziplin und zirka 150 Zuschauer pro Tag. Das ist die andere Seite.
"Der Sport, der in Wien geboten wird, ist spektakulär", sagt Roland Wafler, der österreichische Bahnrad-Nationalteamtrainer; 100 Fahrer aus neun Nationen sind am Start. "Aber die finanziellen Möglichkeiten, die der Verband hat, sind minimal." Unglaublich teuer sei die Miete im Dusika-Stadion, dazu kämen Kosten für die Kommissäre des Internationalen Verbandes. "Aber mithilfe von Gönnern ist es uns gelungen, das Budget von 40.000 Euro aufzustellen."
Top-Niveau
Somit findet zum zweiten Mal nach 2011 in Wien ein Meeting der UCI-Kategorie IM1 statt, bei dem die Sieger 100 Weltranglistenpunkte erhalten. Bedeutender sind nur die Bewerbe bei Olympia, WM und EM. Und, noch wichtiger: viele österreichische Athleten sind am Start. "Wenn wir im Ausland teilnehmen, können wir nur einen Starter pro Disziplin stellen", sagt Wafler. "In Wien haben nun viel mehr Fahrer die Chance, Erfahrungen und Punkte zu sammeln."
Zu den österreichischen Hoffnungsträgern in Wien gehören Andreas Müller, der 2009 bei der WM Bronze im Scratch gewonnen hat und Andreas Graf, der mit Müller unter anderem im Madison antritt. "Bei den U-23-Fahrern versuchen wir Matthias Riebenbauer in der olympischen Mehrkampfdisziplin Omnium aufzubauen", sagt Wafler. Doch dahinter schaut es mit dem Nachwuchs traurig aus. "Wir haben in Österreich gerade einmal 20 Sportler, die einigermaßen erfolgreich auf der Bahn fahren." Viel zu wenig, um international mitmischen zu können. Nur träumen kann Wafler von Verhältnissen wie in England, wo mit viel Geld Top-Athleten und Erfolge produziert wurden, wo Radhallen voll sind und Spitzenfahrer wie Rockstars gefeiert werden. Doch der Trainer lässt nichts unversucht. Im Vorjahr besuchte er 20 Schulen, veranstaltete Klassenrennen, testete zirka 1000 Kinder. "Sieben davon kommen jetzt regelmäßig auf die Bahn", sagt Wafler. "Der Aufwand war riesengroß. Aber die Bilanz ist gar nicht so schlecht."
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Top-Ausbildung
Oft sind gute Leistungen auf der 250 Meter langen Holzbahn die Grundlage für eine erfolgreiche Karriere im Straßenradsport. "Das Fahren auf der Bahn ist ein Gewinn für die Straße", sagt Andreas Müller. "Man lernt, hohe Trittfrequenzen zu fahren, man lernt, das Rad zu beherrschen und man bekommt ein taktisches Verständnis." Tatsächlich kommen viele Weltstars von der Bahn, etwa die Briten Bradley Wiggins und Mark Cavendish.
Ob in Wien zukünftige Olympiasieger oder Tour-de-France-Stars zu sehen sein werden, darf bezweifelt werden. Doch die Kantine ist geöffnet, der Eintritt ist frei.
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