Armstrong & Basso: Parallelen und Hoffnungen

Ivan Basso hat Hodenkrebs. Eine Krankheit, der sich auch Dopingsünder Armstrong stellen musste.

Ivan Basso verkündete die Schreckensnachricht am Montag mit gefasster Stimme. Er habe Hodenkrebs und werde die Tour verlassen, "und mich in Italien sofort operieren lassen", sagte der 37-jährige Italiener. Bei der Pressekonferenz saß Alberto Contador neben ihm. Dem Kollegen vom Team Saxo-Tinkoff standen Tränen in den Augen. Der Spanier rang um Fassung, zum bevorstehenden Kampf um den Gesamtsieg gebe es "nichts Sportliches zu berichten".

Armstrong & Basso: Parallelen und Hoffnungen
epa04845163 Italy's Ivan Basso (R) hugs his captain Alberto Contador after Ivan Basso announced that he has testicular cancer and therefore has to leave the Tour de France 2015 cycling race at a press conference on July 13, 2015 in Pau, France. EPA/Nils Meilvang DENMARK OUT

Bei einem Sturz auf der fünften Etappe hatte sich Basso am Hoden verletzt. Da die Schmerzen nicht nachließen, ließ er sich im Krankenhaus untersuchen. Die Diagnose war niederschmetternd.

Rückblick

Das Jahr 2005: Am Höhepunkt des Dopings im Radsport schrammt Ivan Basso bei der Tour de France knapp am Sieg vorbei. 4:40 Minuten fehlen ihm auf den Champs-Élysées auf den unschlagbaren Lance Armstrong. Der sollte in die Sportgeschichte eingehen. Als Sieger gegen den Krebs und als größter Doping-Betrüger. 1993 wird Armstrong mit 21 Jahren als jüngster Fahrer Profi-Weltmeister, 1996 wird bei ihm (ebenso wie nun bei Basso) Hodenkrebs diagnostiziert. Armstrong hat bereits Metastasen im Bauchraum und Tumore im Gehirn, seine Überlebenschance liegt (je nach Angaben der Ärzte) zwischen 50 und drei Prozent. Doch Armstrong besiegt den Krebs und kommt stärker zurück. Sieben Mal in Serie (1999 bis 2005) gewinnt er die Tour de France. Sieben Mal ist er dabei gedopt, wie er 2013 zugibt, alle sieben Titel werden ihm aberkannt. Die Zweitplatzierten aus der dopingverseuchten Zeit rücken jedoch nicht auf. Auch Ivan Basso nicht.

Niemals wird geklärt werden, ob die Krebserkrankungen bei Armstrong und Basso auf Doping-Missbrauch zurückzuführen sind. Fakt ist jedoch, dass einige Dopingmittel das Krebsrisiko erhöhen können. Seit seiner Diagnose setzt sich Armstrong sehr für die Krebsforschung ein, seine Livestrong-Foundation lukrierte bis heute mehr als 500 Millionen Dollar.

Betroffenheit

Armstrong & Basso: Parallelen und Hoffnungen
epa04845288 (FILE) Tinkoff Saxo team rider Ivan Basso of Italy in action during the 6th stage of the 102nd edition of the Tour de France 2015 cycling race, over 191.5km between Abbeville and Le Havre, France, 09 July 2015. Former Giro d'Italia winner Ivan Basso has been diagnosed with testicular cancer and withdrew from the Tour de France on 13 July 2015. EPA/YOAN VALAT
Der heute 44-jährige Armstrong war einer der Ersten, der Basso am Montag Mut zusprach: "Ich denke an Ivan und wünsche das Beste für seine Behandlung", twitterte der Texaner unmittelbar nach der Pressekonferenz.

Sehr betroffen war Giro-Sieger und Teamkollege Contador: "Ich hoffe, er kann schnell geheilt werden. Wir waren die vergangenen 120 Tage immer zusammen, haben ein sehr enges Verhältnis. Mein Kampf um Gelb ist auch ein Kampf für Ivan. Ich hoffe, wir können zusammen in zwei Wochen in Paris feiern."

Der Deutsche John Degenkolb vom Team Giant-Alpecin sagte: "Das rückt vieles in die richtige Relation. Gesundheit und Familie sind viel wichtiger, als das, was wir hier jeden Tag machen. Das ist doch nur Sport."

Ivan Basso gehörte neben den Dopern Lance Armstrong und Jan Ullrich zu den besten Rundfahrern der Welt. Doch ebenso wie der Deutsche war auch Basso in den Dopingskandal um Eufemiano Fuentes verwickelt. Der spanische Sportmediziner hatte ein riesiges Doping-Netzwerk aufgebaut, das vor der Tour de France 2006 aufgedeckt wurde. Alle Fahrer, die auf der "Liste Fuentes" standen, wurden aus dem Rennen genommen – auch Basso und Ullrich. Die Skandal-Tour gewann Floyd Landis (USA), ein ehemaliger Helfer von Lance Armstrong.

Drei Tage später wurde Landis als Doper überführt.

Den Sieg erbte damals der Spanier Óscar Pereiro. Ein halbes Jahr später wurde bekannt, dass er auf der 14. und 16. Etappe positiv auf Salbutamol getestet worden war. Allerdings konnte er eine medizinische Ausnahmegenehmigung vorlegen. Den Sieg durfte er behalten.

Allgemeine Informationen über das Thema Hodenkrebs (Früherkennung, Risikofaktoren, Therapie, Heilungschancen etc.) finden Sie auf kurier.at/gesundheit.

Kommentare