Ein neuer Stern am Tennishimmel
Am 20. April 1997 geboren, Rechtshänder, 193 Zentimeter groß. Das sind die Eckdaten eines jungen Mannes, der derzeit an der Tenniselite anklopft - und zwar ganz gewaltig. Alexander Zverev ist der Shootingstar im deutschen Tennissport. Boris Becker, John McEnroe, Michael Stich - sie alle sind voll des Lobes für den Hanseaten und sagen ihm eine große Karriere voraus. Doch wer ist der junge Mann?
Seine ersten Schritte bei den "Großen" machte Zverev letztes Jahr dort, wo er jetzt groß auftrumpft - beim ATP-Turnier am Hamburger Rothenbaum. Als 16-Jähriger ergatterte er eine Wildcard und musste sich in der ersten Runde Roberto Bautista Agut geschlagen geben. Der jüngere Bruder von Mischa Zverev, der bereits seit einigen Jahren auf der ATP-Tour unterwegs ist, wagt nun auch die ersten Schritte auf der World-Tour - und wie.
Höhepunkt Hamburg-Halbfinale
Durch den Sieg beim ATP-Challenger in Braunschweig katapultierte sich der junge Deutsche von Weltranglisten-Platz 665 auf 285 und schöpfte Selbstvertrauen. In Hamburg bekam er es in Runde eins mit dem Sandplatz-Spezialisten Robin Haase zu tun. Ganze 58 Minuten dauerte es, ehe Haase unter der Dusche und Zverev beim Sieger-Interview auf dem Centercourt stand. "Ausgerechnet hier in Hamburg mein erstes ATP-Match gegen einen Top-50-Spieler mit 6:0 und 6:2 zu gewinnen, das versteh ich gerade noch nicht", war der 17-Jährige doch ein wenig verwundert.
Die nächsten Gegner waren in weiterer Folge mit Michail Juschni und Santiago Giraldo bei Gott keine Unbekannten. Trotzdem schaffte es der Deutsche ohne Satzverlust ins Viertelfinale - was seit Dubai 2004 keinem 17-Jährigen mehr gelungen ist. Damals handelte es sich um einen gewissen Rafael Nadal.
Im Viertelfinale schien das Turnier-Aus nach einem 0:6 im ersten Satz unausweichlich. Doch Zverev fightete sich ins Spiel zurück, brachte Tobias Kamke reihenweise zur Verzweiflung und durfte sich schließlich mit einem 0:6,7:5,6:3 über den Semifinal-Einzug freuen. Während Kamke in den Sätzen zwei und drei gefühlte fünf Rackets zertrümmerte, spielte Zverev großartiges Tennis, jagte seinen Kontrahenten über den Platz und versetzte das Hamburger Publikum zeitweise in Ekstase. Sein nüchternes Matchresümee: "Am Anfang habe ich viele leichte Fehler gemacht. Dann lief es besser, und ich konnte das Match drehen."
Stich erinnert sich
Unter den Zusehern war auch Turnierdirektor und Ex-Tennis-Star Michael Stich. "Das ist sehr schön, wie er sich durchgebissen hat, das ist eine sensationelle Story für das Turnier", meinte der Wimbledon-Sieger von 1992. "Er ist nervenstark und weiß gar nicht so genau, was alles passiert. Aber er genießt es." In Zverevs Statur und Technik sieht Stich auch einige Parallelen zu seiner Karriere. "Ich sehe viel von mir in ihm, ich war auch so ein Schlaks und habe mehr mit guter Motorik und Schwung als mit Kraft gemacht."
Dass Stich große Stücke auf Zverev hält, bewies er bereits vor zwei Monaten. Noch vor dessen Sieg beim Challenger in Braunschweig stattete ihn Stich mit einem Fünf-Jahres-Vertrag für das Rothenbaum-Turnier in Hamburg aus. Etwas ungewöhnlich, dass ein 17-Jähriger bei so einem großen Turnier gleich einen Vertrag für fünf Jahre erhält - aber Stich wusste scheinbar schon im Mai, dass dies kein großes Risiko sein wird. Der Halbfinal-Einzug von Alexander Zverev gibt ihm nun recht.
Dort wartet nun der Sieger aus dem Duell Andujar gegen Ferrer. Andujar ist die Nummer 78, Ferrer gar die Nummer sieben der Welt. Unterschätzen wird ihn jetzt niemand mehr.
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