70 Jahre Hans Kary: Ehrentag für eine Tennis-Eminenz
Topfit, fast ewig jung, wenn auch etwas grau am Haupt: Hans Kary feiert am Samstag frisch und munter seinen 70. Geburtstag. Ihn als Pionier des österreichischen Tennissports zu bezeichnen, wäre etwas grob, als langjähriger Daviscup-Spieler (1969 bis 1983) und ehemalige Nummer 54 der Welt hat der Kärntner aber gemeinsam mit Peter Feigl einen Grundstein für spätere Tenniserfolge gelegt.
KURIER: Haben Sie besondere Feierlichkeiten vor, stehen Ehrungen an?
Hans Kary: Nein, ich habe nichts geplant. Aber was die Ehrungen betrifft, sind wir dran, einen Legendenklub zu gründen. Bei den Fußballern gibt es ja das schon. Das wäre gut, alle Spieler, die öfter im Daviscup dabei waren, zu einem Klub zusammenzuholen. Als Erfahrungsaustausch.
Zu erzählen hätten Sie ja viel. Was hat sich seit Ihrer großen Zeit verändert?
Es hat sich sehr viel geändert seit damals. Zum Beispiel das Tourleben. Damals hatten ein paar Topstars Manager mit, heute reist jeder, der unter den Top 150 steht, mit einer eigenen Entourage und Frauen zu den Turnieren. Damals waren 80 Prozent alleine unterwegs. Und fast nur Männer. Deshalb haben wir abends auch viel gemeinsam unternommen, waren Abendessen und hatten auch unseren Spaß bei einem Bier. Wir waren damals am Abend Freunde, am dem Platz dann freilich Rivalen. Heute grüßen die Jungen nicht einmal mehr. Das Geld hat viele verdorben, es gibt mittlerweile im Geschäft zu viele Kreaturen, die keine Ahnung vom Tennissport haben. Damals konnte man mit den Managern aber noch reden, ich habe Jimmy Connors oder Ilie Nastase billiger für Exhibitions nach Wien holen können. Heute ist ist alles unpersönlicher geworden. Und Manieren lassen die meisten vermissen.Sie brauchen sich nur die Matches anzuschauen, dann sehen Sie alles.
Was sehe ich da?
Zum Beispiel die leidige Sache mit den Handtüchern. Damals hatten wir vorne und hinten ein Handtuch, das war auch in den Zeiten von Thomas Muster noch so, und mehr nicht. Heute müssen die Ballkinder den Spielern alles nachtragen. Auch die Bälle. Es kann nicht sein, dass ein Spieler gleich vier neue Bälle nimmt, zwei abwirft - und die Ballkindern müssen sich bücken. Das ist eine Respektlosigkeit. Gottlob will man nach einigen Eklats das mit den Handtüchern ändern. Damals gab’s weniger Handtücher, aber auch viel weniger Geld. War es ein Überlebenskampf? Für ein gewonnenes Match im Doppel gab es selbst bei den French Open nur 300 Dollar. Fragen Sie mich nicht, ob wir das geteilt haben oder ob es das nur für eine Person gab, da kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber die Gesamtdotation in der Stadthalle betrug 1977 50.000 Dollar. Jetzt rechnen Sie sich aus, was da für die Spieler überbleibt. Für ein Daviscup-Spiel habe ich 30.000 Schilling bekommen. Aber gottlob hatte ich Gönner, die mir die Reisen finanzierten. Radenthein hat mir eine Reise nach Neuseeland finanziert. Dort und zuvor in Südafrika habe ich mit Großen trainiert, sie wurden aufmerksam auf mich. Ich habe überall dazugelernt. Ich habe mir vor allem Taktisches abgeschaut und das umgesetzt. Wie schon zuvor als Ballbub.
Geld mit der Werbung
Aber der große Reichtum ist ja nicht ausgebrochen, oder?
Das meiste habe ich nicht mit den Tennis-Preisgeldern verdient, sondern mit TV-Werbung. Da kam viel Geld zusammen, 150.000 Schilling auf einmal waren viel Geld. Aber trotzdem gab es sehr angenehme Sachen damals.
Und zwar welche?
Das Reisen. Heute wirst du überall gefilzt. Damals war das Fliegen teuer. Wer war unterwegs? Politiker, Sportler und Geschäftsleute. Sonst niemand. Es gab kaum Sicherheitskontrollen. Und ich habe damals 80 Prozent der Flugbegleiterinnen gekannt.
Das ist schön.Sie waren auch ja bekannt, nicht nur unter den Stewardessen. Was hat sich in der Wahrnehmung des Tennissports seit damals geändert?
Weil alle von einem Muster-Boom sprechen, damals zu meiner Zeit, Mitte der 1970er-Jahre spielten 600.000 Österreicher Tennis. 600.000! Im Verhältnis zur Landesfläche waren wir Österreicher die Nummer eins der Welt. Jetzt freue ich mich, dass wieder eine Aufbruchstimmung ist. Die Stimmung in der Wiener Stadthalle ist gut, damals waren vielleicht noch mehr Leute dabei, die sich intensiver mit Tennis beschäftigten oder auch selber spielten. Aber man merkt gerade in Kitzbühel und Wien, dass da etwas weitergeht.
Stimmung in der Stadthalle
Die Stimmung in der Stadthalle war auch gut, als Sie 1977 ins Semifinale einzogen sind. Die schönste Erinnerung Ihrer Karriere?
Als ich im Viertelfinale gegen den Italiener Corrado Barazzutti gewonnen habe, haben die Zuschauer getrampelt, als ob ein Zug durchgefahren wäre. Und sie haben „Hansi, Hansi“ gerufen. Bis ich mich hinstellte und sagte: „Ich bin nicht der Orsolics.“ Da hat sich Barazzutti beschwert, weil er dachte, ich heize die Stimmung noch auf, ich habe sogar eine Verwarnung bekommen. Barazzutti hat dann darauf übrigens in Paris-Bercy gewonnen, schon damals eines der größten Hallenturniere weltweit. Ein großes Erlebnis war auch meine Teilnahme bei den Australian Open, wo ich ohne Qualifikation im Hauptbewerb stand. Da war ein australischer Journalist sehr verwundert, als ich sagte, dass ich aus Österreich kommen würde. Er sagte: „Ihr habt doch nur Skihügel dort?“ Ich habe gesagt: „Ein paar flache Stücke haben wir schon noch, wo wir Tennis spielen können.“
Der Skisport ist aber nach wie vor die Nummer eins in Österreich. Ärgert Sie das, ist das für Sie gerechtfertigt?
Marcel Hirscher und Hermann Maier wären auch in anderen Sportarten von ihrer Einstellung her bei den Besten gewesen. Aber man muss trotzdem bedenken, dass Tennis und Golf zwei Weltsportarten sind, und das wird zu wenig berücksichtigt. Im Skisport haben wir eben extreme Vorteile, warum gewinnen wir wohl immer den Nationencup? Weil wir begünstigt sind, weil wir dadurch eine enorme Breite haben. Aber in der Sportlerwahl gewinnen fast immer Skifahrer. Und das, obwohl den Skisport vielleicht fünf Länder ernsthaft betreiben können.
Wo hat der Österreichische Tennisverband Aufholbedarf?
Zunächst muss man sagen, wie toll es war, dass sich drei Österreicher für das ATP-Finale qualifiziert haben.Vor allem, was Thiem mit der dritten Teilnahme in Folge geleistet hat, ist sensationell, der wird bald in den Top drei stehen. Dennoch gibt es einige Dinge, die zu verbessern wären.
Es braucht mehr Toptrainer
Und die wären?
Es werden zuwenig Topspieler produziert. Bei den Damen tut sich überhaupt nichts. Es braucht mehr Toptrainer, in manchen Bundesländern funktioniert es, aber in Wien beispielsweise überhaupt nicht. Wann kam der letzte Topmann aus Wien? Da gibt es zu viele Eitelkeiten.Tenniszeitungen oder -magazine gibt es auch nicht mehr. Das gehört doch dazu. Lance Lumsden hat dies einst toll umgesetzt, er ist für Gelder Klinken putzen gegangen. Aber jetzt gibt es wieder eines.
Danke. Aber zurück: Sie wären ja fast Trainer einer Legende geworden...
Anfang der 1980er wollte Ronnie Leitgeb, dass ich mir den Thomas Muster einmal genauer anschaue. Ich war aber damals selbst noch Profi und konnte da nichts machen. Ronnie hat dann selbst ein erfolgreiches Konzept gemacht. Vor allem hat er erkannt, wie wichtig die Athletik ist.
Spielen Sie noch viel Tennis?
Ich habe lange Turniere für Geschäftsleute organisiert. Heute lassen sich solche Turniere nur noch schwer organisieren, weil alle zu beschäftigt sind. Einzelne Matches sind schon noch möglich. Selbst spiele ich freilich auch noch.
Dieses Interview gab Hans Kary im KURIER-Tennisjahrbuch 2018/2019.
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