Maischberger: "Interessiere mich für Menschen"
KURIER: Frau Maischberger, die ROMY-Jury hat Sie nominiert. Wussten Sie, dass Sie auch in Österreich bekannt sind?
Sandra Maischberger: Ich kenne den Preis natürlich und habe mich gefreut. Dass ich in Österreich gesehen werde, fällt mir auf, wenn ich bei euch Urlaub in den Bergen mache.
Wir kennen uns ja von n-tv, wo Sie bei jedem Gespräch, das wir geführt haben, versucht haben, ein Interview daraus zu machen.
Ja, das stimmt, aber ich finde es auch nicht so spannend, über mich zu reden, und deswegen drehe ich dann immer den Spieß um.
Ihre n-tv-Sendung war wohl deswegen erfolgreich, weil Sie die Möglichkeit hatten, einen Menschen jeweils eine dreiviertel Stunde lang zu befragen.
Das Format war erstens erfolgreich, weil wir es täglich gemacht haben; zweitens, weil das Gegenüber nicht leicht auskommen konnte, und drittens, weil wir die Gespräche sehr genau vorbereitet haben.
Mittlerweile ist es so, dass alles schneller und oberflächlicher abläuft, auch im TV.
Das kommt auf das Format an. Meine Talkshow läuft ja spät abends und bei einem Menschen sind die Leute immer dran geblieben – bei Helmut Schmidt. Sonst ist die Verweildauer am Abend geringer, weil die Leute am nächsten Tag früh aufstehen müssen. Um diese Uhrzeit funktioniert ein streitbarer Diskurs einfach besser.
Warum müssen Talkshows in der Nacht sein, warum traut sich kein Sender, das früher zu senden?
Das frage ich jetzt Sie, Sie waren ja Senderchef. Offenbar will man für Sendungen, die teuer sind, einen frühen Sendeplatz, Talkshows sind so etwas wie ein Gebrauchsgegenstand im Fernsehen.
Welche n-tv-Gespräche sind Ihnen in Erinnerung geblieben?
Es waren so viele, bei Tausend habe ich aufgehört zu zählen. Das erste Gespräch, das ich mit Helmut Schmidt geführt habe, war am Tag nach 9/11, dann Helmut Kohl, auch Henry Kissinger.
Ich erinnere mich, dass der damalige Telekom-Chef Ron Sommer mit folgenden Worten aus dem Studio gekommen ist: "Jetzt habe ich Sachen gesagt, die ich nicht sagen wollte." War das das schönste Kompliment?
Ja, natürlich. Oder der damalige Sozialminister Walter Riester, der die Rentenformel erklären sollte und gar nicht wusste, was da vor ihm auf dem Papier stand.
Aber wie bringt man Menschen dazu, etwas zu sagen, das Sie nicht sagen wollen?
Erstens man interessiert sich für sie, zweitens gute Vorbereitung und drittens gut zuhören, um dann aus dem Gehörten die nächste Frage zu entwickeln.
Was ist das Prinzip Ihrer jetzigen Sendung in der ARD?
Wir bringen meistens Politiker mit Betroffenen zusammen.
Aber sogenannte normale Menschen tun sich oft schwer gegen trainierte Politiker.
Ja, aber meine Redaktion kann das, Menschen zu finden, die mitreden können, und ich helfe denen dann natürlich.
In Österreich gibt es derzeit eine Diskussion darüber, ob der Bundeskanzler am kommenden Sonntag allein in einer Talkshow auftreten darf, wie es Frau Merkel bei Anne Will getan hat.
Alle Formen haben eine Berechtigung, wenn sie nicht exklusiv sind. Wenn nur noch die Kanzlerin allein auftritt, wird es kritisch. Aber noch schöner wäre es, wenn sich die Kanzlerin mit jemanden zusammensetzt, der sie auch kritisiert.
Sie arbeiten in der öffentlich- rechtlichen ARD, mischt sich da die Politik ein?
Nein, aber vor Landtagswahlen werden wir natürlich angehalten, ausgewogen einzuladen. Das ist eine öffentlich-rechtliche Einschränkung, die ich aber auch machen würde, wenn ich privat senden würde.
Und Sie laden auch extreme Parteien ein, wie die AfD?
Ja, ich komme aus der Tradition der Sendung "Schlachthof" im Bayrischen Rundfunk, da haben wir sogar die rechtsextreme Wiking Jugend eingeladen. Der Diskurs mit der AfD hat gezeigt, wenn man sie nicht einlädt, dann glorifiziert man sie nur und macht sie zu Märtyrern. Ich bin für den gelassenen Diskurs.
Zur Person:Maischberger ist eine der beliebtesten Fernsehmoderatorinnen Deutschlands, u.a. "Maischberger" und "Menschen bei Maischberger"
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