Brainstorming unter dem Bücherdach

Unter der Woche vergeht kaum ein Tag, an dem Puls4-Infochefin Corinna Milborn nicht im Lokal "EastEnd" vorbeischaut. Hier trifft sie sich mit Interviewpartnern. Hier hält sie Meetings ab, wenn nach zwölf Stunden im Büro ein Tapetenwechsel der Kreativität wieder auf die Sprünge helfen soll. Und hier lässt sie nach acht Stunden Dauersendung – wie es diese Woche der Fall war – den Tag bei einem Bier Revue passieren.

Vor drei Jahren eröffnete Karin Kraml (vormals Resetarits) das heimelige Restaurant – mit Vintage-Möbeln, 1000 Büchern, die von der Decke hängen, und einem Gastgarten, in dem man neben frischen Kräutern auf Europaletten sitzt.

Gelegen zwischen der ehemalige Rinderhalle, in der etwa Michael Niavarani sein "Globe Theater" einrichtete und den Büros von Unternehmen wie Puls4, der Wiener Zeitung oder dem Biocenter hat sich das Lokal als Grätzelwirt etabliert. Und versorgt die Gäste mit Wiener Schnitzel, Feigen-Ziegen-Pizza oder Leberkäse vom legendären Linzer "Leberkas Pepi". In der Mittagszeit reicht die Schlange an der Theke nicht selten durch das halbe Lokal.

Arbeitsatmosphäre

An diesem Nachmittag ist es ruhig im Lokal. Corinna Milborn hat bei einem Kaffee und ihren Unterlagen unter dem Bücherdach Platz genommen. Bis zum 24. April werden ihre Arbeitstage wieder länger sein. Puls4 wartet vor der Bundespräsidentenwahl mit mehreren Formaten auf. Abgesehen vom bereits etablierten Format "Wahlschauen" findet kommenden Sonntag, 3. April, die erste Elefantenrunde statt. Erstmals wird es dabei eine Live-Umfrage geben. Wähler bewerten während der Show, welche Kandidaten überzeugen.

Außerdem gibt es das "Assessment-Center". Ein Duell-Format, das Milborn mit ihrem Team selbst entwickelt hat. Die Kandidaten werden mit Situationen konfrontiert, die ihnen als Präsident passieren können. Sie müssen spontan Reden halten oder auch ein Gala-Menü souverän meistern. Ausgearbeitet wurden die Aufgaben gemeinsam mit dem ehemaligen Büroleiter von Bundespräsident Thomas Klestil.

Die Entwicklung von außergewöhnlichen Programmen wie diesen reizen Milborn. Und das geht bei Puls4 besonders gut. "Seit ich dabei bin, ist noch nie der Satz gefallen: ,Das haben wir schon einmal probiert, aber das geht nicht.’ Wir spinnen die verrücktesten Ideen. Es ist spannend, wenn man so schnell und flexibel arbeiten kann."

Wien statt New York

Dabei wollte Milborn mit Mitte 20 eigentlich nach New York auswandern und bei der UNO arbeiten. Als sie ungeplant schwanger wurde, änderten sich ihre Pläne und sie blieb in Österreich. "Das Leben setzt seine Prioritäten manchmal selbst", sagt sie. und lacht.

Aber es sei gut, so wie es gekommen ist. "Die Zeit mit einem Kind ist die allerschönste im Leben." Eine Karriere schloss das für sie nicht aus. Während ihrer zweiten Schwangerschaft (Ihre zweite Tochter ist zweieinhalb Jahre alt) wurde sie zur Infochefin befördert. Als der Kellner ihr nun den zweiten Café Latte serviert (bis zu zehn sind es pro Tag), resümiert sie: "Wien ist ein guter Ort, um picken zu bleiben." Einzig, dass sie in Chefredakteurs-Runden oftmals die einzige Frau ist, daran könnte man arbeiten.