Urlaub im Scheidungshotel
Alles ist vorbereitet und bis ins Detail geplant: Am Samstag gemeinsame Anreise, einchecken im Hotel in Amsterdam, Zimmer beziehen, kurz frisch machen, anschließend Termine mit dem Anwalt, der in den Niederlanden praktischerweise auch gleich ausgebildeter Mediator ist, mit dem Notar, bei Bedarf auch mit einer Psychologin, mit einem Immobilienmakler und einem Bankmenschen.
Am Sonntag optional gemeinsam frühstücken, in der Zwischenzeit wird die Scheidungsurkunde vorbereitet. Zwei Unterschriften darunter. Und baba! (Sag zum Abschied leise Servus.)
Scheidung leicht gemacht. Das bietet seit dem Valentinstag 2011 der niederländische Geschäftsmann Jim W. A. Halfens für seine Landsleute an.
"Ich habe das Übel aus nächster Nähe, bei einigen Freunden, beobachtet", erklärt Halfens im Gespräch mit dem KURIER. "In einem Moment sind sich beide einig. Doch dann dauert es noch eine halbe Ewigkeit, bis die Scheidung endgültig vollzogen werden kann. Der Anwalt ist auf Urlaub, alles zieht sich unnötig in die Länge. Und schon mischen sich eine ganze Reihe von Einflüsterern ein. Und dann beginnen die Zweifel."
Zeit ist Geld
Halfens selbst, der ein Wirtschaftsstudium absolviert hat, ist auch ein Meister der Inszenierung: Der 33-Jährige hat eine Eventfirma erfolgreich aufgebaut und dann im weltbekannten Entertainment-Konzern Endemol gearbeitet. Auch seine Hotel-Scheidungen wirken inszeniert: "Wenngleich mir natürlich klar ist, dass das nicht so lustig ist wie eine Hochzeit."
In den vergangenen Wochen haben Halfens Helfer zwanzig Paare schnell einmal voneinander befreit. Kostenpunkt für so ein All-inclusive-Service: 2500 €.
Den Vorwurf, dass er es den Eheleuten mit seinem Angebot zu leicht macht, wischt der Hotelier der anderen Art vom Tisch: "Wer sich bei uns scheiden lassen möchte, muss in einem Vorgespräch mit einem geschulten Experten seine Motive darlegen. Wenn der feststellt, dass die Leute zu unüberlegt, zu uneinig oder einfach nicht reif für eine Scheidung sind, weist er sie freundlich, aber bestimmt zurück." Und das sei nicht erst ein Mal passiert.
Andererseits: "Wenn sich beide einig sind, warum dann noch warten? Wir alle wissen: Zeit ist Geld."
Exportgut
In den Niederlanden arbeitet Halfens mit sechs Hotels zusammen. Den Vorteil der fremden Unterkunft beschreibt er so: "Man ist nicht in den eigenen vier Wänden. Das nimmt einem ein wenig von der Emotion ab."
So wie die in Holland entwickelten Reality-TV-Formate könnte auch das Scheidungshotel bald ein Exportschlager sein.
Es gibt bereits Anfragen aus den USA, aus Italien, Spanien, Großbritannien und vor allem aus Deutschland. "Aus Österreich hat sich noch niemand bei mir gemeldet, aber natürlich ist auch das ein interessanter Markt."
Halfens ist gewillt, seine Idee an Franchise-Partner zu verkaufen, die das jeweilige Landesrecht beherrschen. "Auch unsere Anwälte können ja nur nach in den Niederlanden geltendem Scheidungsrecht vorgehen."
Sagt er, und nimmt die nächste Anmeldung entgegen. "Nach den Ferien erwarte ich die nächste Scheidungswelle. Denn beim gemeinsamen Urlaub wird den Leuten so manches klar."
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