Tasmanien: Alleine mit Teufeln, Wombats und Schnabeltieren
Eine Reise zu den Fabelwesen Australiens, die aus der Urzeit der Erde stammen und denen man so nahe kommt, dass sie einem am Fuß knabbern.
Ein erhebender Augenblick. Während vereinzelt noch die letzten Sonnenstrahlen des Tages durch die Wolken blitzen, sind wir von rund 150 Kängurus und Wallabys umringt. Einige von ihnen haben Babys mit leuchtenden Kulleraugen in ihren Beuteltaschen und grasen gemütlich vor sich hin. Keine drei Meter entfernt. Wir sehen kilometerweit, aber kein Mensch ist zu sehen. Neben uns fechten zwei Kängurus ihr Revier aus, ein Boxkampf beginnt.
Der Narawntapu im Norden Tasmaniens ist nur einer von offiziell 22 Nationalparks. Rund ein Drittel der südaustralischen Insel, die fast so groß wie Österreich ist, stehen unter strengem Schutz. Die Insel fernab der Zivilisation hat noch jene Tierwelt konserviert, die einst ganz Australien beherrscht hat. Die Luft ist hier so klar, dass man selbst in der Hauptstadt Hobart trotzt der vielen Lichter die Milchstraße in der Nacht beobachten kann. Der Sonnenaufgang am Morgen hüllt die Luft in schimmerndes Gold. Manche kommen nur deswegen nach Tasmanien.
Doch eigentlich ist das gesamte Land ein einziger Nationalpark. Das bemerken wir auf der spätabendlichen Heimfahrt vom Narwantapu in den rund 40 Kilometer entfernten Ort Beauty Point. Keine 100 Meter kann man fahren ohne ein Känguru, ein Possum oder ein anderes hüpfendes Beuteltier im Scheinwerferlicht zu sehen. Deshalb gilt in der Nacht in vielen Teilen der Insel ein Tempolimit von 50 km/h. Denn viele der Tiere kann man nur noch in Tasmanien sehen oder vereinzelt in Teilen Australiens.
Besuchermagnet Nummer eins ist der Tasmanische Teufel – ein schwarzer Vierbeiner, der wie ein Hund ausschaut, sich wie eine Katze putzt und schreit wie ein Tier aus der Hölle. Im vergangenen Jahrhundert wäre er wegen seines schlechten Rufs beinahe ausgerottet worden. Tatsächlich handelt es sich um einen harmlosen Aasfresser. Da er nachtaktiv ist, er in freier Wildbahn nicht so einfach zu sehen.
Die süßen "Bulldozer"
Leichter zu finden sind Wombats. Die grauen "Bulldozer" sind die heimlichen Stars. Besonders im Cradle Mountain Nationalpark sind die Tiere mit den Teddybäraugen am besten (während der Dämmerung) zu beobachten. Man kommt ihnen so nahe, dass die sogar am Fuß des Betrachters knabbern, wenn sich dieser vor ein saftiges Stück Wiese stellt. Der Park wurde übrigens auf Betreiben des Österreichers Gustav Weindorfer im Jahre 1922 gegründet.
Wer besonderes Glück hat, der kann in Tasmanien auch das mysteriöseste Tier dieser Welt beobachten. Es ist eine Mischung aus Vogel, Reptil und Säugetier. Als 1798 erstmals ein Exemplar nach Europa gebracht wurde, hielt es man es jahrelang für einen Scherz der Kolonialisten. Über Jahrzehnte stritten die Experten, um was für eine Tierart es sich bei dem Schnabeltier handelt. Erst in den letzten Jahren wurde entdeckt, dass diese Biber mit Entenschnabel ein elektrisches Ortungssystem besitzen und die DNA von Vögeln haben. Tatsächlich legen sie Eier, säugen ihre Jungen aber mit Milch.
Beim Lake St. Clair gibt es gute Chancen, die paradoxen Tiere zu sehen. Der einzige noch lebende Verwandte der Tieres aus der Urzeit ist der Schnabeligel, der eigentlich eine Art Gürteltier ist. Auch ihn kann man nur in Tasmanien bewundern, meist sitzt er einfach neben der Straße.
Tasmanien bietet aber nicht nur atemberaubende Tiervielfalt, auch landschaftlich hat Under Down Under, wie es die Australier nennen, einiges zu bieten. Im Norden und Osten gibt es etwa traumhafte Strände, der bekannteste ist die Bay of Fire mit rot leuchtenden Steinformationen. Einen Besuch wert ist auch die ehemalige Pumpstation am traumhaften Lake St. Clair, die 2015 nach zehn Jahren Umbauzeit als Hotel mit 18 Zimmern wiedereröffnet wurde und nun – zu Recht – mit Tourismuspreisen überhäuft wird - zuletzt etwa „der beste Tourismusplatz Australiens“ und der „Tourismusaward Tasmanien“. Man fühlt sich dort wie in einem Luxusschiff, nur ohne Schwanken. Lokale Köstlichkeiten wie Lachs sind zur Selbstbedienung im Kühlschrank. Der Blick auf den See ist atemberaubend, in der Bucht neben dem Pumphouse sind Schnabeltiere Dauergäste – da es sich um Privatgrund handelt, kann man sie ganz alleine besuchen.
Keine Bahn, kein Bus
Wer die Insel besucht, muss jedenfalls auf einen Mietwagen zurückgreifen. Ein Bus- oder Bahnnetz sucht man hier vergeblich. Die Tasmanier sind schon froh, dass mittlerweile die meisten Straßen nicht mehr Schotterpisten sind. Denn die einzigartige Tiervielfalt ist längst zu einem Besuchermagnet geworden und der Tourismus steigt von Jahr zu Jahr. Künftig sind auch internationale Flüge von Hobart geplant. Die Hauptstadt Tasmaniens ist – nach Sydney – die zweitälteste Australiens. Sie wurde einst als Sträflingskolonie gegründet, die Gefangenen wurden im nahen Port Arthur untergebracht.
Was heute wie Folter klingt, galt damals als Vorzeigegefängnis. Dorthin kam man schon für fünf Jahre, wenn man als 15-Jähriger in London eine Uhr stahl. Die meisten Insassen hatten anschließend kein Geld für die Rückreise und siedelten sich deshalb anschließend in Australien an. So wuchs Hobart relativ rasch zu einer größeren Stadt an. Heute leben hier rund 220.000 Menschen. Das Highlight sind der belebte Salamanca-Markt und das moderne MONA-Museum.
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