Frischer Wind im Land der Morgenstille

Hanok: Tradition trifft Moderne
Von der Megacity Seoul zu jahrhundertealten UNESCO-Weltkulturerbestätten – Südkorea fasziniert mit einem Mix aus Tradition und Moderne. Eine Woche zwischen Gangnam, Kimchi und Hanok.

Der Verkehr ist nicht so schlimm heute, wir sind bald da." Diesen Satz werden wir im Laufe der Woche noch öfter von unserem Guide Byeoung-Cheol, genannt Charly, hören. Vom Flughafen Incheon malmt sich die vierspurige Karawane durch den schwülen Smog-Dunst in die Hauptstadt. Beim täglichen Ringen mit der Blechlawine geht das Zeitgefühl leicht verloren, er selbst pendelt täglich 1,5 Stunden von seiner Wohnung ins Büro – einfache Strecke. Entlang aufgeschütteter Erdhaufen zur Landgewinnung und gewölbten Gewächshäusern bohren sich die ersten Hochhäuser am Stadtrand von Seoul ins Blickfeld. Dicht aufgefädelte Wohnsilos erinnern an Bienenstöcke und sind zur Orientierung mit etagenhohen Ziffern durchnummeriert. Die rasch wachsende 10-Millionen-Stadt braucht Platz. Alle Koreaner – außer die reichen – wohnen in Hochhäusern, meint Charly.

Frischer Wind im Land der Morgenstille

Frischer Wind im Land der Morgenstille

Bulguksa temple in South Korea…
Frischer Wind im Land der Morgenstille

Südkorea Hanok Dorf Namsangol…
Frischer Wind im Land der Morgenstille

Frischer Wind im Land der Morgenstille

Südkorea Busan …
Frischer Wind im Land der Morgenstille

Südkorea Jagalchi Fischmarkt Busan…
Frischer Wind im Land der Morgenstille

Südkorea Essen am Jungang-Markt Gyeongju…
Frischer Wind im Land der Morgenstille

Südkorea Seladon Töpferware Gyeongju…
Frischer Wind im Land der Morgenstille

Südkorea Tumuli Park Königsgräber…

Aus dem Bus ausgestiegen, verfliegt die Hektik. Vor gläsernen Bürotürmen, gegenüber einer achtspurigen Straße, erhebt sich majestätisch die Changdeokgung-Palastanlage. Die bunten Verzierungen der Audienzhalle leuchten in der Abendsonne. Etliche Besucher wollen wie wir die letzten Strahlen vor dem Sonnenuntergang als Fotokulisse nutzen. Die einheimischen Touristen sind uns frisch gelandeten Europäern jedoch einen Klick voraus: Neben dem neuesten Sportoutfit gehört ein Selfie-Stick zur Standardausrüstung – ein Stab, auf dem das Handy zwecks erweitertem Bildausschnitt zur Selbstfotografie montiert wird. Erst lachen wir – kurz darauf erwerben wir das gute Stück am Straßenstand für 10 Euro.

Touristisches Neuland

Noch verirren sich wenige westliche Touristen auf die Halbinsel, dabei hat die junge Republik viel zu bieten: Wandertouren und Skifahren im Norden, Shopping in hippen Großstädten, dazu locken gleich zehn UNESCO-Weltkulturerbestätten.

Frischer Wind im Land der Morgenstille
Südkorea, Cheomseongdae Sternwarte in Gyeongju
Die erste auf unserer Liste ist die "Kleinstadt" Gyeongju (knapp 300.000 Einwohner) an der Ostküste, die wir nach fünfstündiger Busfahrt erreichen. Im Tumuli-Park, einer weitläufigen Grabanlage aus der Zeit der Silla-Dynastie, pilgern rüstige Pensionistengruppen im Bergsteigeroutfit von Grabhügel zu Grabhügel, verliebte Teenies liegen knutschend im Gras und schießen Selfies, daneben spielen Jungfamilien mit dem süßem Nachwuchs oder lassen Drachen steigen.

"Braucht noch jemand innere Harmonie?" Guide Charly drängt zur Weiterfahrt und zeigt den Weg zur Toilette, oder wie er sie nennt, "Harmoniehalle".

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Südkorea Seokguram Grotte
Zur Seokguram-Grotte führt ein idyllisch geschwungener Waldweg. An dessen Ende versperrt überraschend ein riesiges Stahlgerüst den Blick auf die Grotte. Drinnen harrt die eindrucksvolle 3,5 Meter hohe Buddha-Statue aus Granit geduldig hinter einer Glaswand ihrer Besucher, bis die Restaurierungen abgeschlossen sind.

Bei herrlichem Ausblick über das ganze Tal kosten wir die von alten Damen feilgebotenen Maroni; die größten, die wir je gegessen haben. Doch wohin mit der Schale – nirgends gibt es Mülleimer. "Je weniger Mistkübel, desto weniger Müll", belehrt uns Charly. Oder ob wir irgendwo herumliegenden Dreck sehen würden? Eben.

33 Stufen zur Erleuchtung

Gestärkt geht es weiter zur Bulguksa-Tempelanlage. Unter dem strengen Blick der vier Buddhas der Himmelsrichtungen passieren wir das Tor. Zur Erleuchtung führen 33 Stufen. Diese müssen überwunden werden, um den Haupthof und damit die Shakyamuni-Pagode des ältesten buddhistischen Klosters Koreas zu erreichen, hinter deren Mauern noch heute Mönche ein strenges Leben führen.

Karaokesingen im Spa

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Südkorea Busan Aussichtsturm Yongdusan-Park
3,5 Autostunden später erreichen wir die Hafenstadt Busan, mit 3,7 Mio. Einwohnern die zweitgrößte Stadt Koreas. Entlang der schicken Strandpromenade, an der sich im Sommer über zwei Millionen Badende tummeln, reihen sich edle Restaurants an gläserne Apartmenthäuser, die zu den teuersten Flecken der Stadt gehören. Von den Wiener Architekten Coop Himmelb(l)au stammt die futuristische Zentrale des jährlichen Filmfestivals. An jeder Ecke gibt es westliche Café-Ketten. Viele Koreaner um die 50 hätten nach langen Jahren im selben Job einfach Lust, sich selbstständig zu machen, erklärt Charly.
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Südkorea Jagalchi Fischmarkt Busan
Am Morgen geht es zum Jagalchi-Fischmarkt. Eine schier endlose Reihe an Ständen reiht sich aneinander, Tag für Tag bieten hier alte Frauen ihre Ware feil. Kugelfisch, Austern, Hai, Degenfisch, Flunder – der ausgesuchte Fisch wird bereits fünf Minuten später in einem der Restaurants im 1. Stock serviert. Frischer geht’s nicht.

Zurück in Seoul tanken wir vor einem Abstecher ins hippe Stadtviertel Gangnam Kraft in einem traditionellen Spa. Im hellgrünen Einheitspyjama erholt man sich – streng nach Geschlechtern getrennt – bei Kräuterbad, Massage oder Aroma-Dampfbad. Zwischendurch ein Abstecher in die integrierte Spielhalle oder Karaokebox, langweilig wird es nicht. Hier darf man sogar übernachten: Nach einer durchzechten Nacht sei man dank der nächtlichen Schwitzerei am nächsten Tag wie neugeboren, grinst unser Guide verschmitzt.

Für längere Erholung empfiehlt sich ein Hanok-Stay, z. B. im Weltkulturdorf Yangdong. Tageweise kann man sich in einem traditionellen Holzhaus mit Papierwänden einmieten, um die einfache Lebensweise kennenzulernen. So oder so – in Südkorea gelingt es garantiert, vom Alltag abzuschalten.

„Die beste Aussicht hat keinen Reiz, wenn der Tisch leer ist“, lautet ein koreanisches Sprichwort. Kraft für die ausgedehnten Entdeckungstouren tankt man am besten bei einem koreanischen Mahl. Anders als z. B. die chinesische Küche kommt die koreanische dem westlichen Gaumen sehr entgegen. An jeder Ecke locken Straßenimbisse mit flaumigen Teigtaschen (mit süßer oder saurer Füllung), frischen Meeresfrüchten oder dampfenden Brühen.

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Südkorea Vegetarische Tafel Gyeongju
In Restaurants, auf traditionell-höfische oder rustikale Küche spezialisiert, gibt es keine fixe Speisenfolge: alles wird zugleich serviert. Zu Hauptspeisen wie Bulgogi (mariniertes, gegrilltes Rindfleisch), Galbi (am Tisch gegrillte Kalbs- oder Schweinerippchen) oder Bibimbap (Reisschüssel mit Gemüse, Fleisch, Ei und Chilipaste) gibt stets eine Vielzahl an kleinen Zuspeisen: geröstete Erdnüsse, fermentiertes Gemüse, Salat, Seidentofu, getrockneter Fisch und Soßen auf vielen kleinen Tellerchen – und natürlich: keine Mahlzeit ohne Kimchi!

Es gibt über 180 Varianten des Nationalgerichts, das seit Jahrtausenden aus Weiß- oder Chinakohl oder anderen Gemüsearten zubereitet wird. Früher fermentierte man das Gemüse in hohen Tontöpfen, heute gibt es eigene Kühlschränke für die würzige Zuspeise.

Frischer Wind im Land der Morgenstille
AnreiseKorean Air fliegt drei Mal wöchentlich (Mi., Fr. und So.) von Wien nonstop nach Seoul. Aktuelle Tarife aufwww.koreanair.com

Beste Reisezeit Mitte/Ende April bis Mai und von September bis Ende Oktober. Zeitverschiebung: MEZ +7 bzw. 8 Stunden (keine Sommerzeit)

Preisniveau/Währung 1 € = ca. 1400 Won, 1000 Won = 72 Cent. 1 Fl. Wasser (0,5 l) = 750 Won, 1 Bier = 1600–3500 Won

Hoteltipp IP Boutique Hotel im Stadtteil Itaewon, Seoul. www.ipboutiquehotel.com

Angebot Gruppenreise von GEO Reisen: 8.–15. Mai oder 22.–31. Mai 2015. Reiseverlauf: WienSeoul –Sokcho/ Seorak Nationalpark– Pyoengchang–Chungju–Haeinsa–
Daegu–Gyeongju–BusanSeoulWien. Preis: 2099 € p. P. im Doppelzimmer. Inkludiert: Flug ab/bis Wien, 9 Übernachtungen mit Frühstück in guten Mittelklasse-
Hotels, Eintritte, deutschsprachige Reiseleitung und Reiseliteratur.
– Info & Buchung: 0662/ 890 111 (Mo.–Fr. 8–17 Uhr), www.georeisen.com

Web Koreanische Zentrale für Tourismus, www.visitkorea.or.kr

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