Mit Rangern die Tauern entdecken
Wir stolpern durch das Gelände, staunen über tiefe Schluchten und klare Bäche, zupfen fasziniert an bunten Blüten und nehmen die hohen Berge im Hintergrund wohlwollend zur Kenntnis. Die Eindrücke sind überwältigend. Andreas hebt einen Stein aus dem eiskalten Seebach. Eine Steinfliegenlarve scheint bereits auf ihren Auftritt gewartet zu haben. Er zeigt sie herum und erklärt, dass ihre Existenz auf beste Wasserqualität hindeutet. Hundert Schritte weiter: Ein Ameisenhügel. Fasziniert verfolgen wir die Demonstration über Essigsäure spritzende Ameisen und erkennen erstmals: begreift man die Natur, begreift man auch ihre Schönheit.
Unter Geiern
Andreas ist Ranger im Nationalpark Hohe Tauern. Sein Spezialgebiet sind Falter, er kennt sich aber auch bei größeren geflügelten Lebewesen aus. Bildungsarbeit ist nämlich im Nationalparkgesetz verankert. Zentrale Figuren stellen die Ranger dar, sie sind gleichsam Naturpfleger und Wissensvermittler. Besucher profitieren von dem fundierten Wissen der Nationalpark-Wächter - wie sie früher geheißen haben. So trägt Andreas stets diverse Utensilien zu Demonstrationszwecken bei sich: Ein Hirschgeweih, ein Murmeltierfell, diverse Krallen, oder einen kreuzförmigen Knochen aus dem Herz eines Steinbocks. Sein ganzer Stolz ist ein selbstgemachter Bartgeier aus Stoff. Ausgerollt misst der Drachen etwa drei Meter, was der Spannweit des Vogels entspricht. Unter den Schwingen eines der größten flugfähigen Tiere haben zehn Kinder Platz, sagt Andreas und freut sich über die offenen Münder seiner Zuhörer. Vor knapp 25 Jahren wurde übrigens mit der Wiederansiedlung der ausgerotteten Bartgeier begonnen. Mit Erfolg: Im Krumltal bei Rauris hat ein Brutpaar heuer im März erstmals Nachwuchs bekommen.
Unberührte Natur und bäuerliche Kulturlandschaft
Der Nationalpark Hohe Tauern ist mit einer Fläche von 1800 Km2 das größte Schutzgebiet Mitteleuropas. Es umfasst raue Urlandschaft und bergbäuerliche Kulturlandschaft. Die Kernzone ist 1200 Km2 groß und steht unter strengem Schutz. Die Außenzone sind Almen und Bergwiesen, von Bergbauern seit Jahrhunderten gepflegt und geprägt. Sie ist jener Bereich, der Besuchern zugänglich ist.
So auch das Seebachtal bei Mallnitz. Auf dem 4,1 Kilometer langen Naturlehrpfad kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Und dass man überhaupt wieder herauskommt, dafür sorgen Hinweis- und Lehrtafeln, die den Besucher durch das "wilde" Tal führen, oder besser gesagt "lenken". Die "Besucherlenkung" ist im Nationalpark ein wesentliches Instrumentarium, um einerseits ökologisch sensible Gebiete zu schützen und andererseits zu besonders attraktiven Schauplätzen zu führen. Das erledigen neben Hinweistafeln auch Kuhzäune oder Trampelwege.
Natur erleben
Ranger Andreas stellt am Ende der Wanderung noch einmal sein Universal-Wissen unter Beweis und zeigt, dass er ein echter Experte auch in Sachen ausgefallener Überlebensstrategien ist. Er lenkt unsere Aufmerksamkeit auf ein Distelgewächs am Wegesrand. Gekonnt schneidet er die Pflanze mit seinem Taschenmesser auf. "Das ist Jägerbrot", erklärt er und hält uns ein Stück zum Kosten hin. Wer einmal von einem Ranger durch den Nationalpark geführt wurde, wird danach nicht mehr durch das Gelände stolpern, sondern bewussten Schrittes die Natur erleben. Bildungsauftrag erfüllt!
Die Anmeldung zu Exkursionen für Schulklassen oder Wanderungen laufen direkt über die jeweiligen Nationalparkverwaltungen in Salzburg, Tirol und Kärnten.
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