Jamaika: Palmen, Popstars & Piraten
Reggae, Rasta, Rambazamba. Cool, man! Diesen Cocktail kennen wir. Sie wissen schon, Bob Marley, James Bond und so. Mr. Boombastic ist zwar eine Nummer kleiner, zählt aber auch dazu. Unser Fahrer Jason hat den Musiker vor ein paar Tagen hier mitten auf der Hope Road gesichtet. "Ja, er war’s, Shaggy! Kennt ihr sicher noch, er wohnt hier in Kingston", schmettert Jason stolz bis in die hinteren Sitzreihen des Busses. Tja, Jamaika und die Stars, Jamaika und der Jetset. Da kann kaum eine andere Urlaubsdestination mithalten.
Rückblende, Auftritt Errol Flynn. Der skandalträchtige Haudegen aus Hollywoods goldenem Zeitalter hat sich vor 70 Jahren buchstäblich auf die Insel verirrt. Mit seiner Yacht war Flynn in den 1940ern vor einem dräuenden Orkan in den Hafen von Kingston geflüchtet. Da wusste er noch nicht, dass es ihn am sicheren Land erst so richtig umhauen sollte. Auftritt Blanche Blackwell. Sie war das Partygirl der von vielen Schwarzen und nur einer Handvoll Briten bewohnten Karibikinsel. Bei ihrem Anblick wusste der Film-Freibeuter: "Sie und keine andere."
Die Bucht, in der Honey Rider (Ursula Andress) im weißen Bikini dem Strand die Schau stiehlt, befindet sich gleich unterhalb von Flemings Anwesen. Nach den Filmstars kamen im Gefolge der Rolling Stones die Rocker. Und mit zunehmender Popularität von Bob Marley der Massentourismus.
Wie das alles zusammenpasst? Ganz einfach. Durch Chris Blackwell, den 1937 in Westminster, England, geborenen Sohn des einstigen Partygirls Blanche. Der blonde Sonnyboy wuchs größtenteils auf Jamaika auf, nutzte die Connections der Mutter, um sich als Location-Scout für James Bond anzudienen. Er war es auch, der genau hinhörte, wenn Musiker in irgendeiner Hotelbar in die Tasten hauten. Die Folge: Blackwell gründete mit Island Records eine Plattenfirma, die sich vom 1964er-One-Hit-Wonder "My Boy Lollipop" bis zu den Perlen von Rock- und Pop-Größen wie Free, Cat Stevens, Roxy Music und U2 hochgedient hat. Bono erinnert sich noch gut an den Abend in London, an dem er dem Impresario aus Jamaika vorgestellt worden war: "Es herrschte tiefster Winter und Chris Blackwells Flip-Flops machten einen bleibenden Eindruck. Dadurch wirkte er mehr wie ein Punk als die meisten anderen im Raum."
So nebenbei hatte das blonde Glückskind Chris Blackwell einen unbekannten Sänger zum ersten Weltstar des vor 45 Jahren noch neuen Musikstils Reggae gemacht – Bob Marley. Auch Disco-Amazone Grace Jones zählt zu den Schützlingen des umtriebigen Tausendsassas.
Das Beste dabei: Das alles ist zwar irgendwie verdammt lange her, an mehreren Orten in Jamaika aber nach wie vor hautnah zu spüren. Ganz besonders dort, wo sich Chris Blackwell mit dem Strawberry Hills Hotel in den Blue Mountains ein Refugium geschaffen hat, das wie der Zufluchtsort eines Pop-Milliardärs daherkommt. Überall ausgewählte Antiquitäten, an den Wänden Goldene Schallplatten und von Stars wie Keith Richards und Stevie Wonder signierte Fotografien. Man kann in dieser Pracht auf etwa 1.000 Metern Meereshöhe auch nächtigen. Aber Vorsicht, dieses Abenteuer kostet einen vierstelligen Betrag, denn unter mindestes drei Übernachtungen kriegt man kein Schlafgemach in unmittelbarer Reichweite der Brutstätte des legendären Blue Mountain Kaffees. Kein Wunder also, dass Jamaika nach wie vor zu den Top-Destinationen der angloamerikanischen Society zählt.
Dazu gesellen sich seit dem Erfolg des Hollywood-Films "Cool Runnings" auch zahlreiche Sportfreaks. Das jamaikanische Fußballteam mit seinem deutschen Trainer Winnie Schäfer ist bei der Copa America zwar glanzlos ausgeschieden. Macht aber gar nichts. Die grün-gelb-schwarze Sportnation fiebert ohnehin schon dem nächsten großen Event entgegen, den Olympischen Spielen in Rio.
Usain Bolt hat sich dort eine tiefblaue Laufstrecke in das sonnenverbrannte Grün der Umgebung bauen lassen. Wenn man schon leicht schwindelig ist vom Anblick der vielen, nur hier vorkommenden bunten Vögel und Orchideen, könnte man meinen, es handle sich dabei um Brooke Shields "Blaue Lagune".
Aber keine Panik, dieser Kunststoffbelag ist dazu da, auf seriöse Art Geschichte zu schreiben. Und überhaupt: Brookes titelgebende Lagune befand sich auf den Fidschi-Inseln.
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