Hochgenuss im Hochgebirge

Hochgenuss im Hochgebirge
Feine Tour: Die Forstners halten seit 20 Jahren auf der Dürrenstein-Alm die Stellung. Eine Weitwanderung zu einer Berghütte wie früher.

Griaß eich auf der Ybbstaler Hütte." Wirtin Purgi Forstner reckt kurz den Kopf hinter der Budl hervor. Ein Gast mit Stirnlampe, genannt der Höhli, blickt ebenfalls nur so lange auf, um "Hmm" zu raunen. Dann beugt er sich wieder über seine Karte.

Hochgenuss im Hochgebirge

Nach zwölf Stunden Nonstop-Gehen erreicht der Wanderer von Lunz aus die Dürrenstein-Alm. Der Weg führt über steile, glitschige Waldhänge, entlang windgefegter Grate, durch Latschenfelder und an schwarzen Löchern - auch Dolinen genannt - vorbei. Eine davon heißt seltsamerweise Grünloch und ist der kälteste Punkt Mitteleuropas.

Am Ausgangspunkt, dem Seehof in Lunz, ist an diesem verregneten Tag kein Mensch zu sehen. Daran wird sich die nächsten Stunden wenig ändern. Nur am Schnittpunkt mehrerer Wege, dem Leonhardi-Kreuz, sitzt ein Wanderer - und schweigt.

Einsame Höh'

Hochgenuss im Hochgebirge

Wir sind im Herz der Ybbstaler Alpen, in der menschenleeren Südwestecke Niederösterreichs. Menschenleer? Im Bergsommer ist sogar eine Wanderung vom Hochkar zum Ötscher eine einsame Angelegenheit. Der ruhigste Fleck Erde, den man sich in den Voralpen vorstellen kann, liegt aber in der Mitte der beiden prominenteren Gipfel: der Dürrenstein.

Hier gibt es kristallklare Seen (Lunzer See, Obersee), seltene Pflanzen (zum Beispiel die Anemonen-Schmuckblume und das Rot-Kohlröserl am Nordhang) - und eine äußerst gewöhnungsbedürftige Angelegenheit: Stille - vielleicht das kostbarste Gut der Voralpen.

Hochgenuss im Hochgebirge

Das sind Vorzüge, die Josef Forstner vom Hochkar auf die Dürrenstein-Alm mitgebracht hat, wo er seit 20 Jahren Wanderer aufpäppelt. In der ganzen Zeit war er "vielleicht drei Mal" am Dürrenstein, die Arbeit auf einer Berghütte hört nie auf: "Zwei Linke derfst net haben als Hüttenwirt."

Die meisten Gäste kommen über die Forststraße herauf, die in zwei Gehstunden vom Parkplatz im Steinbachtal auf die Alm führt. Die Straße ist ordentlich steil, sodass man sich reinen Gewissens sagen kann "etwas gemacht" zu haben. Den so genannten "Normalweg" vom Seehof bei Lunz weg schnurstracks nach Süden und Südwesten auf den Dürrenstein und weiter, stundenlang hinunter zur Legsteinalm und zur Ybbstaler Hütte - das muss einer wirklich wollen!

Vergessene Berg'

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Ein anderer Gast zu später Stund' ist Martin Ploderer, Bürgermeister von Lunz am See. "Heute war ich am Hetzkogel (siehe Karte) . Die Abgeschiedenheit ist ein Wert für sich."

Lunz ist eines von 18 österreichischen Bergsteigerdörfern. Diesen Titel vergibt der Alpenverein an Gebiete mit schöner und ursprünglicher Natur und sanftem Tourismus (www.bergsteigerdoerfer.at) . "Zu uns kommen keine Bloßfüßigen, sondern versierte Wanderer. Die Bergrettung hat praktisch keine Einsätze", sagt Ploderer.

Statt einer Speisekarte mit Gschisti-Gschasti-Gerichten serviert Forstner sein Gröstl aus Speck, Erdäpfeln und Semmelknödeln. Das muss man sich aber erst einmal ergangen haben, um es zu vertragen. Fein ist der Kaiserschmarrn, der so schmeckt wie die Hüttenkatze heißt: Bussi! Urige Gemüter halten sich am Morgen danach an einen alten Hüttenbrauch: "Dusch' di koid, bleibst g'sund und wirst recht oid."

Still & schön: Jenseits der Baumgrenze

Ybbstaler Alpen: Diese Voralpengruppe im Südwesten Niederösterreichs wird von Erlauf, Salza und Ybbs (sprich: Ibbs) begrenzt. Die Kalkstöcke von Ötscher, Dürrenstein, Gamsstein, Voralpe und Hochkar ragen über die Baumgrenze. Der höchste Gipfel, der Hochstadel (1919m), liegt schon in der Steiermark.

Wanderwege: Die Alpintour Hochkar-Dürrenstein-Ötscher wird auf der Seite www.goestling-hochkar.at beschrieben.

Schmankerl:
Nach 10-jähriger Unterbrechung wird die Biologische Station am 11.9. feierlich neu eröffnet. Der Lunzer See ist der einzige natürliche See in NÖ.

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