Mailand entdeckt seine Wasserwege wieder

Mailand entdeckt seine Wasserwege wieder
Dank der Expo erwachen die Kanäle "Navigli" zu neuem Leben.

800 Jahre lang war Mailand von Kanälen durchzogen, ähnlich wie Amsterdam oder Venedig. Die lombardische Hauptstadt war seit dem späten Mittelalter über ein Kanalsystem um die Flüsse Po und Ticino mit ganz Oberitalien vernetzt. Erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die meisten der zu Kloaken verkommenen "Navigli" auf Stadtgebiet nach und nach zugeschüttet.

Mailand entdeckt seine Wasserwege wieder
Da Namensgebende Fluss, Naviglio Grande, bietet einen anderen Blick auf die Stadt - etwa mit einer Bootstour.
Pünktlich zu der bis Ende Oktober laufenden Expo entdeckt Mailand seine Wasserwege wieder. Dafür mussten Kanalabschnitte ausgebaggert, Brücken erhöht und weitere Hindernisse beseitigt werden. Der im 12. und 13. Jahrhundert entstandene "Naviglio Grande", der durch die Jahrhunderte hindurch für die Schifffahrt, die Bewässerung, für Energiegewinnung und vor allem für den Transport genutzt wurde, ist wieder befahrbar. Dafür wurde unter anderem die Darsena ausgebaut, der ehemalige Innenhafen von Mailand und Schlussstück des von Leonardo da Vinci mitentworfenen Kanalsystems Navigli.

Warenumschlagplatz

Mailand entdeckt seine Wasserwege wieder
People stroll alongside the Navigli District, a network of interconnected canals in Milan, northern Italy April 26, 2015. The Milan Expo will open in the city on May 1, following the 2010 Shanghai Expo. Officials are counting on some 20 million visitors to the six month-long exhibition of products and technologies from around the world. Picture taken April 26, 2015. REUTERS/Stefano Rellandini
Die Darsena wurde 1603 als Warenumschlagplatz geschaffen und lag seit Jahrzehnten trocken. Entlang der Darsena findet samstags der Flohmarkt statt. Die Bootsfahrt auf dem Naviglio Grande bis zur Darsena dauert zirka eine Stunde. Sie führt vorbei an den Häusern des historischen Mailand, unter den alten Brücken hindurch und weiter durch den Naviglio Pavese bis zur Schleuse, an der dank einer Simulation die Erfindungen Leonardo da Vincis zu bewundern sind.

Zu den Zeiten, da der Straßentransport langsam und beschwerlich war, bedeuteten Kanalverbindungen enorme wirtschaftliche Vorteile. Der Mailänder Dom wurde mit Marmor aus den Alpen errichtet, der über die Navigli praktisch bis an die Baustelle gebracht wurde: Stadtherrscher Gian Galeazzo Visconti ließ zu Ende des 14. Jahrhunderts einen Stichkanal graben, der bis 250 Meter an die Dombaustelle heranführte. Der wichtigste Kanal, der "Naviglio Pavese", wurde 1819 von den Habsburgern fertiggestellt.

"Bis vor 100 Jahren waren die Wasserwege in Mailand noch befahrbar. Nachdem sich der Straßentransport immer stärker durchsetzte, ist dieses besondere Wassersystem in Vergessenheit geraten und zu einfachen Kanälen degradiert worden. Jetzt will Mailand seine Navigli wieder ganz zurückhaben", freute sich Empio Malara, Präsident des "Instituts für die Navigli".

Einzigartiger Schauplatz

Mailand entdeckt seine Wasserwege wieder
Das Navigli-Viertel ist das Herz Mailands. Hier findet man nicht nur Museen und Geschäfte, hier gibt es auch ein spannendes Nachleben.
Einst lebten Arbeiter und Handwerker an den Ufern der Navigli. Heute entdeckt man sie als romantische Viertel zum Bummeln. Künstlerateliers, originelle Geschäfte, romantische Lokale, Trödelmärkte und Sommerkonzerte machen die Navigli zu einem einzigartigen Schauplatz.

Doch damit will sich Mailand nicht zufrieden geben. Mit weiteren Finanzierungen in Höhe von 32 Millionen Euro soll die Wasserstraße zwischen Mailand und der lombardischen Stadt Pavia zu neuem Leben erwachen. Damit könnte die Industriemetropole und Modehauptstast auch mehr Touristen anlocken. "Wir wollen einen Flusstourismus nach dem Vorbild anderer europäischer Städte fördern. Die Projekte sind vorhanden: Bisher hat leider der Wille gefehlt, diese Pläne umzusetzen", meinte Malara. Die Expo habe in diesem Zusammenhang der Stadt entscheidende Impulse gegeben.

Die Projekte Mailands verbinden sich mit dem lang gehegten Plan, Italiens längsten Fluss, den Po, von Turin bis Venedig befahrbar zu machen. Für die Finanzierung soll es zu einer Zusammenarbeit von Staat, Regionen und Lokalverwaltungen kommen. Am Fluss sollen auch Radwege entstehen.

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