Die Wallfahrt liegt im Trend

Die Wallfahrt liegt im Trend
Immer mehr Menschen wandern auf Pilgerwegen. Die Tourismuswirtschaft reagiert darauf.

Ruhe und Erholung finden, entspannen. Mindestens ein Mal im Jahr nimmt sich die Familie Gnedt Zeit, um den Alltagsstress zu vergessen und die Energietanks wieder aufzufüllen. Und so marschieren sie über den Wiener Wallfahrerweg, der auf ruhigen Wanderwegen über Unterberg, Rohr im Gebirge, St. Aegyd am Neuwalde bis nach Mariazell führt. „Pilgern schafft Erlebnisse, auf die ich nicht verzichten möchte“, sagt Hans Gnedt und blickt über die Hügeln und Wälder in Kernhof.

Ob Via Sacra, Wiener Wallfahrerweg oder andere „göttliche Pfade“ – die Entwicklung geht in eine eindeutige Richtung: Pilgern boomt. Und was für die Hoteliers, Tourismusverantwortlichen und Wirte noch viel wichtiger ist: Ein Ende des Booms ist nicht abzusehen. Insbesondere Jugendliche dürften auf den Geschmack gekommen sein: „Es ist das neue Interrail.“ sagt Christine Dittlbacher, Pilgerbeauftragte in Oberösterreich. Mit Werbung auf Internetplattformen versucht man, diese Zielgruppe gezielt anzusprechen. Einen weiteren Trend, den Dittelbacher beobachtet ist das Rad-Wallfahren.

Mehr als 146.000 Nächtigungen entlang den Wallfahrer-Routen in Niederösterreich wurden 2012 über die Mostviertel Tourismus GmbH gebucht. Damit konnte das Ergebnis von 2009 verfünffacht werden. Ein untrügliches Zeichen, dass pilgern in ist: die Downloads auf der Mostviertel-Tourismus-Homepage. 2011 wurden 900-mal Angebotsunterlagen heruntergeladen, Ende Juni 2013 waren es bereits 1550.

Aufholbedarf

Die Wallfahrt liegt im Trend
„Die Nachfrage ist nach wie vor ungebrochen“, berichtet Andreas Purt, Geschäftsführer der Mostviertel Tourismus GmbH. Um den Wünschen der Pilger nachzukommen, sieht er noch Aufholbedarf bei einigen Hoteliers. „Es gibt immer mehr Wallfahrer, die sich etwas mehr Komfort wünschen. Die wollen, wenn sie am Abend müde in der Unterkunft ankommen, nicht noch zwei Stockwerke zu Fuß ins Zimmer gehen müssen.“ Purt teilt die Pilger deshalb in zwei Gruppen ein. „Die einen gehen mit der Gitarre, die anderen mit dem Kreuz.“

Das Land Niederösterreich hat etwa erkannt, dass sich Investitionen in die Wallfahrerrouten lohnen. So werden in ein 150 Kilometer langes Teilstück des Jakobsweges, das durch das Weinviertel führt, mehr als 140.000 Euro investiert.

Laut Landesrätin Petra Bohuslav sind neue Wegweiser, Beschilderungen und ein Programm für Smartphones geplant. Und am Sonntagberg im Bezirk Amstetten ist vor Kurzem der Startschuss für eine Sanierung der berühmten Wallfahrtskirche gefallen. Auch ein Pilgerzentrum soll dort aus- und aufgebaut werden.

Petra Zeh nimmt sich immer mal wieder gerne eine Auszeit. Als Bürgermeisterin von Annaberg im Bezirk Lilienfeld hat sie genug zu tun, da tut Abwechslung gut. Wenn es ihre Zeit erlaubt, ist Zeh als Pilgerin unterwegs. Sie kennt die Via Sacra und den Wiener Wallfahrerweg gut, schließlich stammt sie aus der Region.

Zeh kann man auch als Wallfahrerin buchen. Denn die Ortschefin ist eine von acht zertifizierten Pilgerbegleitern in NÖ. Der 5-teilige Kurs umfasste eine Einführung in das Pilgerwesen, Themen der Sicherheit, Verhalten bei Notfällen, touristische Angebotserstellung, Vorbereitung und Gestaltung von spirituellen Impulsen.

Die Annabergerin, die den Begriff Entschleunigung zwar gar nicht mag, weil es so ein „Modewort“ sei, findet ihn für das Pilgern genau richtig. „Weil es da einfach passt. Man nimmt sich zurück und hört auf seine innere Stimme.“ Deshalb sei es auch wichtig, sich Zeit zu nehmen. „Nur einen Tag unterwegs zu sein, ist fast zu wenig.“

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