Belgien: Reise in ein süßes Gestern

Belgien: Reise in ein süßes Gestern
Pralinen, Bier und Mittelalter: Die Städte Brügge, Gent und Brüssel sind märchenhafte Kulissen für einen Kurzurlaub.

Selbst ein Blinder würde sofort erkennen, ihn welcher Stadt er sich befindet. Brügge durchzieht 24 Stunden am Tag ein süßer Duft. In der Welthauptstadt der Schokolade, fabrizieren 54 Chocolatiers großteils in Handarbeit jährlich Tausende Tonnen an Pralinen. Und was für welche! Die Schokoladenkreationen, die in putzig-altmodischen Geschäften der Giebelhäuser und Fachwerkbauten feilgeboten werden, bestehen aus feinster Kakaobutter ohne Zusatz billiger Ersatzfette. Das schmeckt man. Selbst nicht deklarierte Naschkatzen sind suchtgefährdet.

Auch sonst ist Brügge im belgischen Westflandern ein süßes Kleinod. Das Erstaunliche an dieser Stadt: Sie ist seit Jahrhunderten von Modernisierungsschüben unbehelligt geblieben. Die Industrialisierungswelle hat Brügge verschlafen, von Bombardements und Artilleriebeschuss im 2. Weltkrieg ist es verschont geblieben. So präsentiert sich die Altstadt auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts als perfekt erhaltenes mittelalterliches Ensemble mit barocken und gotischen Einsprenkelungen.

Kurze Wege

Dazu kommt der Charme der vielen Kanäle, die Brügge durchziehen. Jedem Romantiker und Nostalgiker wird in dieser Kulisse das Herz übergehen: Fachwerkhäuser, Kopfsteinpflaster, schnuckelige Fassaden, wuchtige Kathedralen, mit Efeu bewachsene Backsteinmauern, Schwäne in moosgrün schimmernden Grachten, Steinbrücken und jede Menge kleiner Restaurants, Geschäfte und Bierstuben. Ein bisserl wähnt man sich in Amsterdam, ein bisserl in Dublin, ein bisserl in Nordfrankreich.

Und Brügge ist nur ein städtisches Schmuckstück in Flandern, also dem nördlichen Teil Belgiens, in dem niederländisch gesprochen wird. Da gibt es noch das ebenso schöne Gent, Antwerpen und die Innenstadt von Brüssel. Die Wege zwischen den charmanten Städten sind zudem kurz. Man braucht nicht einmal ein Mietauto. Mit dem Zug surft man von Zentrum zu Zentrum in rund einer Stunde.

Brügge

Belgien: Reise in ein süßes Gestern

Zumindest zwei Tage sollte man sich in Brügge gönnen und unbedingt mit einem Ausflugsboot durch die Grachten fahren; zum Groter Markt spazieren, dem von Häusern aus dem Mittelalter umrahmten Herzen Brügges; Pralinen naschen und sich ein Bier am Rozenhoedkaai genehmigen, dem romantischsten Platz der Stadt mit Blick auf Wasser, Boote und Mittelalter.

Bier-Pausen sollte man sowieso öfters einlegen. Mehr als 300 Sorten werden in Flandern gebraut, angeblich 780 in ganz Belgien. Im "Beer Wall", dem größten Bier-Shop Brügges in der Wollestraat, gibt's alle zu kaufen. Berühmt sind die Trapistenbiere, die seit dem Mittelalter nach alten Kloster-Rezepten gebraut werden. Gewöhnungsbedürftig sind dagegen die mit Fruchtgeschmack wie das von den Belgiern so geliebte Kirschbier.

Gent

In Gent empfiehlt sich als perfektes Ambiente für eine Bierpause das Restaurant Pakhuis in der Shuurkenstraat, einem ehemaligem Kaufhaus mit wunderschönen Galerien aus Gusseisen. Oder die Brauerei Gruut in der Straße Grote Huidevettershoek, wo statt Hopfen eine Kräuter-Rezeptur zum Brauen verwendet wird, die die Besitzerin Annick de Splenter in mühevoller Recherche aus Jahrhunderte alten Überlieferungen entschlüsselt hat.
Die Großstadt Gent ist auf den ersten Blick nicht so schnuckelig wie Brügge. Das Zentrum darf sich aber zu Recht als eines der reizvollsten Flanderns bezeichnen. Mittelalter, Romanik, Barock, Gotik, Jugendstil prägen den Stadtkern. Richtig schmuck ist die Uferstraße Graslei an der Leie wo eine geschlossene Front Gildehäuser mit prächtigen Fassaden steht. Ein Bild zum Schwärmen.

Wenn es Nacht wird, präsentiert sich Gent poetisch. Grachten, Gassen und Gebäude sind stimmungsvoll beleuchtet. Die Fassaden der mittelalterlichen Häuser sind dann von einem zauberhaften Lichtschein überzogen und auf dem schwarzen Wasserspiegel der Grachten glitzern die Reflexe. Für dieses leuchtende Designerkleid sorgt ein aufwendiger Lichtplan, für den Gent bereits mehrmals ausgezeichnet wurde.

Ernüchternd

Im Vergleich zu Gent und Brügge wirkt Brüssel ernüchternd. Aber auch da finden sich charmante Ecken. Am Grand' Place mit seinen prächtigen Gildehäusern und in den kleinen Gassen rundum wird man auch Belgiens Hauptstadt lieben. Zumal auch die meistfotografierte Attraktion Belgiens - der Manneken Pis - hier in einen Brunnen pinkelt. Und auch die legendäre Fressmeile, in der Seafood ohne Ende für Massen von Touristen aufgetischt wird, liegt ums Eck. Einkehren sollte man authentischer in einer der Pommes-Buden. Fritten sind eine belgische Erfindung und mit Saucen genossen eine Institution. Damit hat man auch die heilige Dreifaltigkeit belgischer Gaumen-Tradition komplett: Pralinen, Bier und Pommes.

Highlights

Brügge
Rozenhoedkaai Romantischster Platz inkl. Mittelalter Belfried Vom Glockenturm sieht man bis zur Küste
Liebfrauenkirche Beherbergt Michelangelos Marmorstatue Madonna mit Kind
De Halve Maan Die legendäre Brauerei strotzt vor Patina

Gent
Alter Hafen mit Uferstraße Graslei ist der idyllischste Platz
Patershol Ältester Stadtteil, nette Lokale & Schoko-Shops
Genter Altar Das Meisterwerk der Brüder Van Eyck in der St.-Bavo-Kathedrale
Romantik pur Mit dem Boot auf der Leie durchs Zentrum

Brüssel
Grand' Place Super Kulisse und Welterbe mit gotischem Rathaus und Zunfthäusern
Manneken Pis Den kleinen Pinkler will jeder sehen
Hubertusgalerien Erste überdachte Einkaufsstraße der Welt (1847) und Beginn der berühmten Fressmeile

Infos

Flug Günstige Tickets ab 99 € offeriert z. B. Brussels Airlines, die bis zu sieben Mal täglich Wien-Brüssel fliegen.
brusselsairlines.com/de_at

Hotel-Tipps Gediegen und mitten im Zentrum wohnt man in Brügge im Kempinski Hotel Dukes' Palace und in Gent im Marriott. kempinski.com/bruges
marriottghent.com

Auskünfte
Flandern-Tourismus, T.: 01/ 596 06 60,

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Bilder

Kommentare