Aufstieg in die Arktis

Aufstieg in die Arktis
Harte Tour, light: Der Chef-Ranger im Nationalpark Hohe Tauern,Ferdinand Rieder, begleitete den KURIER ins ewige Eis.
Von Uwe Mauch

Der Ferdl ist nicht happy. Über die Halbschuhtschechen, die bellenden Hunde der Kai-Uwes, die leicht bekleideten Holländer und Wiener. Nirgendwo in den Hohen Tauern ist es leichter, das ewige Eis zu erreichen. Hochgebirge light: Die Gletscher-Bahn bringt die Touristen unweit von Zell am See auf 2315 m Seehöhe. Barrierefrei, flink.

Trittfest - auf Schnee

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"In den Bergen", sagt Ferdinand Rieder zu seinen Leuten, "werden Überheblichkeit und Übermut sehr hart bestraft". Der fitte 57-Jährige mit der Babypopo-Gesichtshaut weiß, wovon er spricht. Rieder, aus Hollersbach bei Mittersill, ist seit 27 Jahren Chef-Ranger im Nationalpark Hohe Tauern. Und seit 35 Jahren geprüfter Bergführer. Vier Jahre hat er hier oben, in der Arktis, wie er die Gletscher des Tauern-Massivs nennt, gelebt. Winter wie Sommer.

Auf geht's! Der Chef-Ranger zeigt auf dem Weg von der Bergstation der Gondelbahn zum Gipfel einen sicheren Tritt. Und einen schnellen Schritt. Auch auf den glitschigen Gneisplatten, die bis in den August mit Schnee bedeckt sind.

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Im Gebirge sei er zu Haus': "Da fühle ich mich souverän, da bin ich auch viel selbstbewusster als unten im Büro." In seiner Freizeit bestreitet er Bergläufe. Quasi zum Ausgleich. Doch der Ferdl kann auch hinreißend interessant erzählen. Zum Beispiel von Toni Sailer und Anderl Molterer, die vor den Olympischen Winterspielen in Cortina d'Ampezzo (1956) "dort oben" trainiert haben. Selten ist Österreichs Sportgeschichte so eng mit dem Klimawandel verknüpft: Heute kann man hier oben nicht mehr trainieren. "Der Gletscher zieht sich zurück."

Doch bitte jetzt nicht traurig sein! Glocknergruppe, Kitzsteinhorn, Granatspitze - egal ob Bergfex oder Halbschuh-Alpinist, der Panoramablick ist für alle imposant. Das Dach von Österreich - Natur auf höchstem Niveau.

Lehrberuf Ranger

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"Meine Arbeitsbedingungen sind zu jeder Jahres-, ja, sogar zu jeder Tageszeit anders", erklärt Rieder. Fad sei ihm nie. Auch deshalb wollte er nie ein anderer sein als Ranger. Die Faszination, die von seinem Beruf ausgeht, hat sich offensichtlich herumgesprochen. Heute ist Ranger ein Lehrberuf. Und wenn die Nationalparkverwaltung eine neue Stelle ausschreibt, schneit es Hunderte Bewerbungen bei der Tür herein.

Der Aufstieg zum Kalser Törl ist gut markiert. Absolut notwendig, wie der Kenner versichert. Gar nicht wenige kommen bei Nebel vom Weg ab. Und dann kann es in der alpinen Arktis sehr ungemütlich werden. Früher dienten die Stoamandln zur Orientierung, heute werden die Stein-Türme von Freizeitwanderern zum Gaudium Stück für Stück aufgesetzt.

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Oben am Törl ein Stück österreichischer Föderalismus. Der Pinzgauer Herrgott blickt in den Pinzgau, schön! Doch auf der anderen Seite gibt es, Rücken an Rücken, noch einen zweiten Herrgott. Der blickt runter zu seinen Tirolern. Und erscheint ungefähr so notwendig wie in jedem Bundesland ein eigener Landeshauptmann.

Zum Schluss noch eine Mahnung vom Chef-Ranger, der die Teilnehmer seiner Touren nie aus den Augen lässt: "Der Berg ist kein Sportgerät. Man muss nicht mit aller Gewalt auf den Gipfel stürmen." Wir hielten uns an seine Anweisungen - und haben es nicht bereut.

Alpenglühen: Auspowern in den Tauern

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Hohe Tauern: Der rund 120 km lange und bis zu 3798 m hohe Hauptkamm der Hohen Tauern stellt die geografische Mitte der Ostalpen dar. Hier befinden sich - neben den Ötztaler Alpen - die höchsten Berge Österreichs. Der Nationalpark Hohe Tauern ist der größte in Österreich. Er umfasst weite Teile des zentralalpinen Hauptkamms.

Im Rucksack: Im Hochgebirge immer: Sonnencreme, Kopfbe-
deckung, Handschuhe, mehrere Schichten Gewand (abhängig von der Wetterprognose, die nur Leichtsinnige nicht studieren).

Schmankerl Tipp: Wenig essen, viel trinken. Extrem-Bergsteiger Hans Kammerlander sagt so: Am Berg ist noch nie wer verhungert.

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