Wie schön ist doch die Welt, die ich mir male

Wie schön ist doch die Welt, die ich mir male
Unsere Gesellschaft ist angeblich aufgeklärt, aber oft ferne der Wirklichkeit.

Der KURIER-Autor Guido Tartarotti baut sein neues, witzig-intelligentes Kabarettprogramm auf die Idee des Konstruktivismus auf. Einfach ausgedrückt geht diese philosophische Richtung davon aus, dass wir Menschen unseren objektiven Zustand gar nicht wahrnehmen können, sondern uns dafür eine eigene Wirklichkeit in unserem Kopf zusammenbauen.

Womit wir bei der österreichischen Innenpolitik wären. Eine Regierung, die ein Sparprogramm entwirft, das zu einem Drittel vielleicht gar nicht finanziert werden kann, zeigt eine deutliche Distanz zur Realität, zu Fakten und Zahlen. Wenn die EU keine Finanztransaktionssteuer beschließt, und wenn uns die Schweizer keine Milliarden für Steuerflüchtlinge überweist, dann wird sich die Finanzministerin eine neue, realistischere Wirklichkeit basteln müssen.

Verteidigungsminister Darabos sitzt auch gerne in seinem Zimmer und träumt sich ein Berufsheer zusammen, das ihm der Wiener Bürgermeister in der Not des Wahlkampfs angeordnet hat. Wie man das umsetzt, weiß er natürlich nicht. Und wenn es dann wirklich zu wenige Soldaten gibt, dann werden doch ein paar Strafgefangene einspringen.

Immer größer wird der Widerspruch zwischen dem, was die Politik offiziell verkündet, und der Lebensrealität der Menschen. Ein Unternehmer, der seiner Bank eine Planung in der Art des österreichischen Budgets vorlegt, wird höflich, aber bestimmt hinauskomplimentiert.

Und wer wie Darabos laut ankündigt, dass er seinen Betrieb umstellen wird, aber keinen Plan hat, wie er das erreichen will, geht schnell pleite.

Realismus

Auch die Medien müssen aufpassen, dass sie nicht an der Realität der Menschen vorbeiberichten. Die Aufklärung der vielen Skandale der letzten Jahre ist dringend notwendig. Der öffentliche Druck ist ganz wichtig, damit nicht alles unter den Tisch der Nation und der Parteien gekehrt wird. Aber an den Stammtischen geht es eher um andere Themen, den nächsten Urlaub, ein neues Auto, die optimale Schule, das Funktionieren der Spitäler, das Fernsehprogramm.

Banal? Möglicherweise. Aber wenigstens nicht konstruiert.

An dieser Stelle ist die Krone zu loben. Jahrelang hat man dort den Lesern erzählt, die Europäische Union sei nichts anderes als ein korrupter Sündenpfuhl. Seit Kurzem erscheinen zumindest Leserbriefe, in denen die EU als europäisches Friedensprojekt gelobt wird. Auch Massenzeitungen müssen darauf achten, nicht an den Massen vorbeizuschreiben. Und trotz Euro-Krise sagt uns die Realität, dass in Österreich immer mehr Arbeitsplätze durch den Export in die EU gesichert sind.

Es kann nur kurzfristig funktionieren, sich seine eigene Wirklichkeit zu konstruieren. Aber Vorstellungen für die künftige Gestaltung unserer Gesellschaft muss die Politik schon formulieren: Wie der Staat schlanker, die Ausbildung besser und die Pflege finanzierbar werden. Da kommen wir nur mit Realismus weiter.

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