VfGH: Erstes Urteil zum Bettelverbot

VfGH: Erstes Urteil zum Bettelverbot
Während das Verbot von "aggressivem" Betteln aufrecht bleiben darf, wird "stilles" Betteln geduldet. Ein Urteil für Wien bleibt aus.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Sommersession entschieden, dass ein Verbot von aggressivem Betteln nicht verfassungswidrig ist. Nicht verfassungskonform sind allerdings Bettelverbote ohne eine derartige Ausnahme, teilte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Mittwoch bei einer Pressekonferenz mit.

Aufgehoben wurde damit das Verbot in Salzburg, nicht jedoch in Oberösterreich und Kärnten. Grundsätzlich sind die Bundesländer zuständig, Bettelverbote zu erlassen, hielt der VfGH fest. Offen sind noch Entscheidungen zu den Bettelverboten in Wien und der Steiermark. Diese wurden für Herbst angekündigt.

"Stilles" Betteln, etwa mit einem Hut, zu untersagen und mit eine Verwaltungsstrafe zu belegen ist verfassungswidrig, da es unsachlich ist und dem Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Freiheit der Meinungsäußerung) widerspricht, erklärte Holzinger: "Stilles Betteln an öffentlichen Orten ausnahmslos zu verbieten, ist in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig."

Nicht verfassungswidrig

Das Bettelverbot in Oberösterreich ist demnach nicht verfassungswidrig. Es enthält - "und nur so sind die sprachlich durchaus missglückten Formulierungen im Gesetz zu verstehen", so der VfGH - kein absolutes, auch das "stille Betteln" umfassendes Bettelverbot. Ebenso birgt die Regelung in Kärnten kein absolutes Bettelverbot.

Die Bestimmung in Salzburg hingegen wird als verfassungswidrig aufgehoben, denn sie verbietet auch das nicht aggressive, "stille" Betteln. Eine Reparaturfrist wurde laut Unterlage nicht gegeben. Die Aufhebung gilt ab Kundmachung im Landesgesetzblatt und diese habe "unverzüglich" zu erfolgen.

Freude

Überaus erfreut reagierte am Mittwoch die Vinzenzgemeinschaft rund um den Grazer Armenpfarrer Wolfgang Pucher. "Wir hoffen sehr, dass auch das allgemeine Bettelverbot der Steiermark und im Anschluss daran weitere Verbote österreichweit aufgehoben werden", hieß es in einer Aussendung.

Die Vinzenzgemeinschaft werde sich auch im Rahmen des neu gegründeten "Österreichischen Forums gegen Bettelverbote" weiterhin dafür einsetzen, "dass diesen ärmsten Menschen gegenüber Mindeststandards an Respekt und Toleranz entgegengebracht werden. Vor allem auch, dass man nicht unter dem Deckmantel einer bedrohten Sicherheit ihnen die Anwesenheit im öffentlichen Raum verwehrt".

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