Verrückte Tierliebe
Allein und verlassen sitzt die kleine Cooki – nur mit Tennisball und Stofftier als Spielgefährten – in ihrem Käfig in der Quarantänestation in Nickelsdorf. Beim KURIER-Lokalaugenschein schien das Gebäude der veterinärmedizinischen Grenzkontrollstation an der burgenländisch-ungarischen Grenze verwaist. Weit und breit war kein Mensch zu sehen, auf das Klopfen an der Eingangstüre reagierte auch niemand.
Cooki allein im Haus
Was hinter den Mauern des tristen Gebäudes, in dem die Katze als einziges Tier betreut wird, vor sich geht, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Nur so viel: "Der Katze geht es gut. Sie wird von einem ausgebildeten Mitarbeiter gefüttert und versorgt", sagt Sigrid Rosenberger, Sprecherin von Gesundheitsminister Alois Stöger. Ob das Kätzchen auch Streicheleinheiten bekommt, ist nicht bekannt. Aber wohl eher nicht. Wegen der Seuchengefahr.
Nach vier Wochen Quarantäne muss sich die Katze einem Bluttest unterziehen, um beispielsweise die Verbreitung von Tollwut zu unterbinden. Was mit der Katze im Falle eines positiven Ergebnisses passiert, darüber kann das Ministerium keine Auskunft geben.
"Dass Cooki vier Monate dort bleiben muss, finde ich nicht gut", sagt die 17-jährige Omnya El Sesey, die die Katze im Heimaturlaub ihrer Eltern in Ägypten geschenkt bekommen hatte, "das ist für uns beide eine große Qual. Wenn wir ihn besuchen wollen, muss ich mit dem Grenztierarzt einen Termin ausmachen. Wann sich das ausgeht, weiß ich noch nicht."
Cooki hat die Herzen vieler Österreicher – und der KURIER-Leser – im Flug erobert. Die Geschichte von der Katze, die der Urlauberfamilie am Flughafen Schwechat abgenommen wurde, erreichte auf kurier.at Zugriffszahlen, von denen Politiker nur träumen. Der Fall zeigt, dass Tierliebe kaum Grenzen und viele Gesichter hat.
Bitte um Begnadigung
Solveig Dietrich, 60, Pensionistin aus Wien, ist seit der Causa Cooki vielen bekannt. Sie appellierte sogar an den Bundespräsidenten, er möge Cooki begnadigen. Die Seniorin am Telefon: "Ich habe am Mittwoch zehn Stunden telefoniert. Das ist ein Katzenkind, und das gehört nicht in Einzelhaft." Madeleine Petrovic, ehrenamtliche Präsidentin des Wiener Tierschutzhauses, hat angeboten, das Tier in ihrem Vösendorfer Tierheim in Quarantäne zu nehmen. Die Bundesquarantäne findet sie völlig unverhältnismäßig: "Dass die Katze jetzt vier Monate dort sitzen muss, ist ein absoluter Blödsinn. Es gibt Hunderte Anlassfälle, wo ich viel vorsichtiger wäre, aber doch nicht bei dieser gepflegten Wohnungskatze." Petrovic spricht hier auf gewerbsmäßige Tiertransporte an, die oft mit gefälschten Dokumenten über die Grenze kämen.
Übertriebene Liebe
Mit Tierliebe hat es Michael Antolini, 54, Promi-Tierarzt aus Wien, fast täglich zu tun. Wann beginnt sie, und wann schlägt sie in Tierquälerei um? Ein Definitionsversuch: "Normale Tierliebe meint das ethische Empfinden, Tiere nicht zu verletzen und sie artgerecht zu halten." Warum gilt das nicht für Nutztiere wie Schweine, die zusammengepfercht dahinvegetieren? "Das gilt auch für sie. Aber sie sind anonymisiert, Cooki hat einen Namen."
Bello & Co. bleibt übertriebene Tierliebe nicht erspart. Vom Hunde-Bikini, dem extradicken Fellmantel bis zu lackierten Fingernägel reichen die falsch verstandenen Liebesbekundungen jener menschlichen "Patienten", die Antolini in seiner Tierarztpraxis immer öfter aufklären muss. "Das", betont der Veterinär, "ist falsch verstandene Liebe."
Das Gefühl, einem Tier Gutes zu tun, wirkt sich auch auf das menschliche Wohlbefinden aus. Und es gibt viele Wege: 2007 spendete eine Industrielle dem Wiener Tierschutzverein vier Millionen Euro. Ein schönes Stück des heimischen Spendenkuchens kommt dem Tierschutz zugute.
Für Kätzchen Cookie, dessen Quarantäne 4000 € kosten wird, wurde auch ein Spendenkonto eingerichtet. Alles, was über 4000 € an Spendengeldern hereinkommt, wird zweckgebunden für streunende Katzen verwendet, verspricht Petrovic.
Spendenaktion: Wiener Tierschutzverein, Kennwort "Cooki", PSK, BIC OPSKATWW, IBAN AT19600000000 1717000
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