Vergewaltigung, die keine war

Vergewaltigung, die keine war
Das Ludwig Boltzmann-Institut Graz hätte beinahe einen unschuldigen Taxifahrer hinter Gitter gebracht.

Ein zweifelhaftes Gutachten des Grazer Ludwig Boltzmann-Institutes (LBI) für klinisch forensische Bildgebung hätte einen Grazer Taxifahrer um ein Haar für mehrere Jahre ins Gefängnis befördert. Eine Kundin hatte behauptet, von dem 45 Jahre alten Mann vergewaltigt worden zu sein. Anwalt Franz Unterasinger erwirkte letztlich einen Freispruch. Denn ein aussagepsychologisches Gutachten sprach dem Opfer die Glaubwürdigkeit ab.

Die Grazerin, 40, hatte sich nach dem Besuch bei ihrer Mutter ein Taxi bestellt. Sie bat den Fahrer, ihr beim Tragen von Taschen in die Wohnung behilflich zu sein. Was dann geschah? Der Taxler behauptete, die Frau habe ihm etwas zu trinken angeboten, sich kurz zurückgezogen und sei dann im Negligée vor ihm angetanzt. Da habe er nicht nein gesagt.

Die Kundin aber sprach von einer eineinhalbstündigen Vergewaltigung. Auch sei sie gewürgt worden. Gegen den 120 Kilo schweren Mann habe sie keine Chance gehabt. Die Gewaltszene ist so beschrieben, wie sie leider oft an Frauen verübt wird. "Gerade deshalb sind gerichtsmedizinische Gutachten von so großer Bedeutung", betont Unterasinger.

Doch beim LBI ließ man einen Jungmediziner untersuchen, der noch nicht einmal die Facharztprüfung hatte. Dieser beurteilte, die Schleimhautverletzungen seien typisch, wie sie bei ungewolltem Sex entstehen. "Aus gerichtsmedizinischer Sicht ist ein einvernehmlicher Geschlechtsverkehr auszuschließen." Den Befund als "gesehen" abgezeichnet hat die damalige Leiterin des LBI, Kathrin Yen, nun Chefin der Heidelberger Gerichtsmedizin.

Verletzungsfrei

Ein drückender Beweis für die Schuld des Angeklagten also. Doch eine Untersuchung am LKH Graz ergab ein anderes Bild: Der Hals verletzungsfrei, die Schultern und beide Arme verletzungsfrei. . . Wie geht das bei so viel Gewalt eines 120-Kilo-Mannes?

Unterasinger empört sich über falsche Schlüsse des offenbar lebensunerfahrenen Jungmediziners am LBI. "Schleimhautverletzungen passieren aus verschiedenen Gründen, auch bei freiwilligem Sex. Das weiß man einfach." Der Anwalt erwirkte die Beiziehung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens, das die Frau als psychisch labil und beziehungsgestört enttarnte. Nach längerem Drogen- und Alkoholkonsum. Richterin Julia Riffel sprach den Taxifahrer frei.

"Nur ein Verein"

Der Anwalt möchte nicht zur Tagesordnung übergehen. Er kritisiert die Qualität des LBI. "Das ist kein Universitätsinstitut, sondern als Verein eingetragen", setzt der Anwalt eher auf das klassische Gerichtsmedizinische Uni-Institut mit großer Erfahrung. Die neue Leiterin des LBI, Eva Scheurer, bedauerte auf KURIER-Anfrage: Sie könne dazu nichts sagen. Das Gutachten sei vor ihrer Zeit, sie zudem bei diesem Prozess als Zeugin geführt gewesen.

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