Vater darf seit Jahren Kind nicht sehen

Vater darf seit Jahren Kind nicht sehen
Ein geschiedener Vater darf sein Kind seit acht Jahren nicht sehen - trotz eingeräumten Besuchsrechts. Die Mutter weigert sich

Als er seinen Sohn zuletzt sah, war er ein Winzling von drei Monaten. Seither kämpft Saban H. um das Besuchsrecht für sein eheliches Kind. "Das ist jetzt acht Jahre und drei Monate her", zählt der gebürtige Bosnier die Zeit nach der Scheidung. "Man kann sich gar nicht vorstellen, was das für eine Belastung ist."

Saban H. ist ein zäher Mann: Der linke Arm wurde ihm im Balkankrieg abgetrennt. Der heute 42-Jährige baute sich in Graz eine Existenz auf. Hier lernte er seine Exfrau kennen, die auch aus seiner Heimat stammt. Die Kindesmutter hat bisher erfolgreich jeglichen Kontakt zum Kind unterbunden.

200 Euro pro Monat zahlt der Taxifahrer an Alimenten für den Buben. Kürzlich wollte die Kindesmutter sogar Extras für eine Zahnspange. Bei einem Monatsverdienst von 840 Euro netto wäre das knapp geworden. "Eine Rechtspflegerin hat mir gesagt, dass ich das nicht zahlen muss, weil ich ohnehin schon mehr Alimente zahle, als gesetzlich festgelegt wurde." Er wolle endlich sein Kind sehen, behutsam Kontakt zu ihm aufbauen und nicht nur zahlen müssen.

Groß war die Freude des Vaters, als vor einem Jahr Richterin Barbara Eingang-Alberer im Bezirksgericht Graz eine Entscheidung fällte. Sie belehrte die Mutter einfühlsam, aber bestimmt, dass nach der Menschenrechtskonvention ein Kind das Recht auf beide Eltern habe. Das Besuchsrecht wurde gewährt: Mit allen Vorsichtsmaßnahmen, damit das Kind nicht erschrickt, plötzlich seinem fremden Vater gegenüberzustehen. Ein schwarzer Mann sei das, sagte der Bub damals der Gerichtspsychologin voller Angst.

Schreiendes Kind

Eine Gesprächstherapie in einer Beratungsstelle wurde mit dem Kind vereinbart. Auch sollte Saban H. bei den ersten Begegnungen nicht allein mit dem Buben sein. Daraus wurde nichts. Ihr Kind habe panische Angst, sagt die Mutter. Sie bringe es nicht in das Institut hinein, weil es so schreie.

Die jetzt zuständige Richterin Claudia Reisinger hat für 11. Oktober einen Termin fixieren müssen. Denn der Verein "Vaterverbot" hat im Namen des Mannes eine Beschwerde verfasst. Frau Rat hatte den Akt vor Jahren schon einmal - und stand eher auf der Seite der Mutter.

"Ich möchte jetzt endlich wissen, welche Konsequenzen das hat, wenn die andere Seite nicht kooperiert. Ich fordere die Durchsetzung des Besuchsrechts", ist der Grazer mit seiner Geduld am Ende.

Kindeswohl

"Über den konkreten Akt darf ich nichts sagen. Da müssen beide Eltern einverstanden sein", erklärt Gerichtssprecherin Ulrike Worm. Die Gefährdung des Kindeswohls stehe in solchen Streitfällen im Mittelpunkt. "Wenn auch das Besuchsrecht eingeräumt wurde, bedeutet das noch nicht, dass es auch faktisch durchzusetzen ist."

Wenn Mütter ihre Kinder nicht richtig vorbereiten wollen oder können und eine Bedrohung im Kontakt zum Vater sehen, "überträgt sich das mit aufs Kind. Die Weigerung jedenfalls ist kein normales Verhalten."

Schmerzengeld

Die OGH-Judikatur räumt aber solchen Vätern seelisches Leid ein, wenn das Besuchsrecht widerrechtlich entzogen wird. Auf dem Zivilrechtsweg kann dann Schmerzensgeld erkämpft werden. Das Prozesskostenrisiko ist dabei aber groß. Eines räumt die Mediensprecherin auch ein. "Manche Väter verschweigen, dass es einmal Gewaltexzesse in der Familie gab." Im konkreten Fall sei viel Zeit verstrichen. Man hätte vielleicht durch Mediation die Wogen zwischen den Ex-Partnern glätten können.

Pläne: Beide Eltern sorgen für das Kind

Die Neuregelung der Obsorge und des Besuchsrechts bezeichnet Justizministerin Beatrix Karl als "sehr drängend". Die ÖVP-Politikerin ist zuversichtlich, mit SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.

Eine wichtige Forderung des Vereins "Vaterverbot" wäre damit erfüllt. Die Selbsthilfeorganisation zählt mittlerweile bundesweit 7400 Mitglieder, wovon knapp 30 Prozent Frauen sind. Es sind meistens die neuen Partnerinnen eines geschiedenen Familienvaters, der um seine Rechte kämpfen muss. Es werde Fälle geben, wo eine gemeinsame Obsorge nicht möglich ist, räumt die Justizministerin ein. Das neue Familienrechts-Paket soll bis Herbst 2012 geschnürt werden.

Zwei bis drei Jahre nach einer Scheidung hätten fast 40 Prozent der Väter keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern. Diese Erfahrung macht der Wiener Psychoanalytiker Helmut Figdor bei seiner Arbeit. Grund: Weil sie nicht dürfen oder nicht wollen.

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