Türkei will Vormachtstellung in Nahost sichern

Türkei will Vormachtstellung in Nahost sichern
Arabischer Frühling - Premier Erdogan, der Israel unverhohlen droht, besucht Kairo. Jerusalem ist alarmiert.

Sorgenvoll blickte Israel am Montag nach Ägypten: Drei Tage, nachdem ein wütender Mob in Kairo die israelische Botschaft gestürmt hatte, wurde der türkische Premier Erdogan am Abend zu einem offiziellen Besuch in der Stadt am Nil erwartet. Auch zu ihm sind Israels Beziehungen denkbar schlecht: Nach der Aufbringung eines türkischen Gaza-Hilfsschiffs mit neun Toten im Vorjahr liegen die beiden Länder im Clinch. Weil sich Israel weigert, sich zu entschuldigen, hat Erdogan den türkischen Botschafter zurückgerufen, die Militärbeziehungen auf Eis gelegt und zuletzt sogar mit dem Einsatz von Kriegsschiffen im Mittelmeer und dem Einschalten des Internationalen Strafgerichts in Den Haag gedroht.

Partnerschaft

In Kairo wollte Erdogan eine strategische Partnerschaft unterzeichnen und den Chef des seit dem Sturz von Diktator Mubarak im Februar herrschenden Militärrats treffen. Mohammed Tantawi, Mubaraks Ex-Verteidigungsminister, ist wegen seiner Rolle bei der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung umstritten.

Am Abend stand für Erdogan eine Grundsatzrede in der Kairoer Universität auf dem Plan. In dieser wollte er die türkische Strategie im Nahen Osten darlegen. Das Land sieht den Arabischen Frühling als Chance, sich als Anführer der muslimischen Welt und als Regionalmacht zu etablieren - was auch wirtschaftliche Gründe hat. Man hofft auf Rüstungsgeschäfte und das weitere Wachsen der Märkte nach den Umstürzen, auch in Tunesien und Libyen. Bevor Erdogan am Mittwoch und Donnerstag dorthin weiterreist, ist heute, Dienstag, noch eine Rede vor der Arabischen Liga in Kairo geplant.

Sein Vorhaben, auch den Gaza-Streifen zu besuchen, ließ Erdogan in letzter Minute fallen. Angesichts der Spannungen mit Israel hätte Ägypten, das die Grenzübergänge in das Palästinensergebiet kontrolliert, dem Abstecher wohl auch kaum zugestimmt.

Schadensbegrenzung

Kairo ist wie auch Jerusalem nach dem Angriff auf die israelische Botschaft, bei dem drei Menschen getötet und mehr als 1000 verletzt wurden, um eine Entspannung der Lage bemüht. Obwohl die Mehrheit der Ägypter die Aufkündigung des 1979 unter Mubarak geschlossenen Friedensvertrags mit Israel fordert, will der Militärrat an diesem festhalten. Der Druck von der Straße ist allerdings groß.

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