Tirol: Kein Händchenhalten zum Espresso
Stefan L. ist nach einem Lokalbesuch in Innsbruck noch immer perplex: Händchen haltend hatte der 31-jährige Uni-Wissenschaftler am 3. Juli, einem Sonntagnachmittag, mit seiner Freundin das
Restaurant "Insieme" (italienisch für zusammen) vis-à-vis vom Hauptbahnhof betreten. Doch als sie auch über dem Tisch ihre Hände hielten, sei es beinahe zu einem Eklat mit dem Wirt gekommen.
"Wir hatten eine Stunde Zeit, bis unser Zug ging, und wollten noch einen Kaffee trinken", erzählt Stefan L. Als der Wirt die Getränke brachte, habe er sie zunächst höflich darauf hingewiesen, dass Zärtlichkeiten im Lokal nicht erwünscht seien.
"Ich war völlig verdutzt. Und während ich die Kellnerin fragte, was es damit auf sich habe, fiel mir ein, dass mir ein Freund von einem ähnlichen Vorfall erzählt hatte", schildert der Innsbrucker. "Schließlich kam der Wirt zum Tisch und sagte, er sei hier der Chef, und ich habe nicht mit der Kellnerin, sondern mit ihm zu reden."
"Pisser"
Ein Wort gab das andere. "Als ich sagte, wen ich anspreche, entscheide ich, meinte er, dass ich nur Luft sei und hier keine Rechte hätte", berichtet L. weiter. Schließlich wollte das Paar aufstehen und gehen. "Die Getränke hatten wir noch nicht angerührt." Während sie dann doch bei der Kellnerin zahlten, habe der Wirt zu einem anderen Gast gesagt: "Das sind Pisser. Wenn er hier Zärtlichkeiten austauschen will, kann er sich ein Hotel nehmen. Aber das kann er sich wahrscheinlich nicht leisten."
"Anständig"
Ähnliche Erlebnisse im Restaurant "Insieme" waren immer wieder Thema. Der ausländisch-stämmige Wirt nimmt's inzwischen "mit Humor - als Werbung". Das Restaurant gebe es seit neun Jahren, und gerade anfangs hätten er und seine Mitarbeiter - speziell aufgrund der Bahnhofsnähe - vieles erlebt, bis hin zu Sex-Eskapaden am WC. "Manche Leute glauben, sie können alles machen, aber so etwas wünschen wir nicht", betont der Wirt - stolz auf sein blitzsauberes Lokal. "Wir wollen es anständig führen. Wir weisen die Gäste auch höflich darauf hin."
Und weil es schwer sei, bei Zärtlichkeiten eine Grenze zu ziehen, sei eben schon Händchenhalten nicht erwünscht. "Außerdem: Wenn ich es einem Pärchen erlaube und Homosexuellen untersage, dann würde mir Diskriminierung vorgeworfen."
Um Missverständnissen vorzubeugen, überlegt er sich nun einen Zusatz zur Hausordnung, wie "Zärtlichkeiten sind nicht erwünscht".
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