Tiercoach: Leinen-Los

Tiercoach: Leinen-Los
Wer seinen Hund rechtzeitig an Halsband oder Brustgeschirr gewöhnt, kann das starke Band auch lockerlassen. Stimmungen übertragen sich.

Maya ist ein "Wunschkind". Familie H. holte den jungen Beagle aus dem Tierschutzhaus, um selbst mehr rauszukommen aus dem schönen Haus im Grünen. Doch jedes Gassigehen mit dem verschreckten Hund entwickelt sich zum Kräftemessen, jeder Spaziergang gerät zum Spießrutenlauf - lauthals vorbei an Artgenossen, Autos und Passanten.

"Optimal läuft ein Hund an der lockeren Leine", sagt KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter. Die Direktorin des Tiergarten Schönbrunn weiß aber auch, dass die Realität oft anders aussieht: "Der kleinste Schlecki zieht. Hunde spüren den Druck und ziehen chronisch dagegen." Die Expertin gibt Tipps, wie Vierbeiner die Leinenführigkeit lernen.

Was Hündchen nicht lernt, lernt Hund dann sehr schwer: "Man sollte schon Welpen ans Halsband gewöhnen", rät Schratter. Spätestens mit drei, vier Monaten können die süßen Kleinen mit dem Anlegen von Halsband oder Brustgeschirr vertraut gemacht werden. "Lassen Sie die Welpen nicht mit der Leine spielen", sagt die Expertin. Durch Ablenkung und Leckerlis zur Belohnung verbinden Hunde Positives mit dem verlängerten Arm des Halters. Zehn Minuten am Stück, zwei bis drei Mal am Tag, stets ohne Druck - auf diese Weise bringt die Übung Erfolg.

Läuft der Hund frei an der Leine, wird das Training ausgeweitet. Der Hundeführer beginnt, Tempo und Richtung vorzugeben. Der Vierbeiner folgt dem Zweibeiner, nicht umgekehrt. Mit Spielball und Hundesnacks kommt man schneller ans Ziel. "Manchen Hunden macht die Leine gar nichts aus, manche lernen rasch, andere brauchen länger", sagt die Expertin.

Tiercoach: Leinen-Los

Der Leinenruck ist in der modernen Hundeerziehung eher verpönt. Zieht der Hund nach vorne, zieht der Halter den Hund mit einem kurzen Ruck zu sich. "Ich bin damit gut gefahren. Der Großteil der Halter setzt den Leinenruck auch richtig ein - nämlich nie als Strafe, sondern als kurzen Impuls", erklärt Schratter. Ein Zuviel an Rucken wird zu einem ständigen Ziehen und verliert damit seine Botschaft. Lästig ist es ohnehin. Zudem kann das wiederholte starke Rucken gesundheitliche Probleme verursachen: Der Hund bekommt nicht genug Luft, Schilddrüse und Kehlkopf leiden, nicht zuletzt nehmen Rücken und Bandscheiben Schaden.

Die Leine schränkt die Bewegungsfreiheit des Vierbeiners gewiss ein, mental mag sie ihn aber auch beflügeln: "Die Leine ist eine Verbindung zwischen Mensch und Tier. Wenn Frauerl oder Herrl die Verantwortung übernehmen, gibt das dem Hund Sicherheit", sagt der KURIER-Tiercoach. Das wirkt sich nicht immer erfreulich aus: Ein Vierbeiner an der Leine reagiert mitunter aggressiver als ohne Leine. Die Leine gibt ihm vermeintlich Schutz und macht ihn in Begegnungen mit anderen Hunden stark und angriffslustig. Dann wird gebellt. Und erst recht an der Leine gezogen. Ein Rucken und Zerren ist dann die falsche Reaktion: Leinenruck erzeugt Aggression. Von der Leine lassen, kann die Situation entschärfen.

Das Band zwischen Zwei- und Vierbeiner gibt Schwingungen weiter: "Spürt der Hund die Anspannung des Halters, geht der Stress quasi durch die Leine und der Hund reagiert dementsprechend aggressiv", erklärt Schratter. Tipp der Expertin: "Da muss man sich auch selber erziehen."

Tiercoach: Leinen-Los

Beißkorb oder Leine? - das ist nicht die einzige Frage. Die Gesetzeslage zur Maulkorb- und Leinenpflicht in Österreich ist nicht einheitlich geregelt. Sie ist Ländersache und wird zudem in Verordnungen auf Gemeindeebene festgeschrieben. Mancherorts gilt Beißkorb- und Leinenpflicht.

In ausgewiesenen Hundezonen können Vierbeiner ihre Freiheit genießen. An öffentlichen Orten, in Parks, auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen sowie an frei zugänglichen Bereichen von Häusern, Höfen, Lokalen und Kleingartenanlagen müssen Hunde entweder einen Beißkorb tragen oder so an der Leine geführt werden, dass "eine jederzeitige Beherrschung des Tieres gewährleistet ist".

"Ich leine meinen Hund bei Menschenmassen immer an", sagt KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter. So fühlen sich Hund und Halterin sicher. Das Anlegen des Beißkorbs ist für die Expertin - über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus - Vertrauenssache. Sowohl Maulkorb als auch Leine brauchen Hunde laut Marktordnung auf Wiens Märkten und entsprechend den Beförderungsbedingungen der Wiener Linien in den Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs. Bei Übertretungen werden Geldstrafen bis zu 7500 Euro fällig.
Maulkorbzwang besteht meist auch für bereits auffällig gewordene Hunde sowie für sogenannte Kampfhunde, solange ihr Halter noch keinen Hundeführschein besitzt.

Kommentare