Syrien: Guerillakrieg der Deserteure
Bei schweren Gefechten in der südlichen Provinz Daraa sollen Deserteure am Mittwoch mindestens 27 Regierungssoldaten getötet haben. Es habe sich um drei Zusammenstöße in den frühen Morgenstunden gehandelt, berichtet die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter unter Berufung auf Augenzeugen. Sollten die Angaben stimmen, wäre es eine der bisher blutigsten Aktionen des Widerstands gewesen – und ein weiterer Beleg dafür, dass Präsident Bashar al-Assad und sein Regime in Bedrängnis geraten. Selbst im staatlichen Fernsehen werden immer öfter Bilder getöteter Soldaten gezeigt.
Organisiert sind die Überläufer in der „Free Syrian Army“ (FSA), die sich im August formiert hat. Geführt wird sie von Oberst Riyad al-Asad, der seine Kommandozentrale in einem Flüchtlingslager im Süden der Türkei hat. Von dort aus koordiniert er per Mobiltelefon und Internet die, wie er sie nennt, „22 Bataillone“ in Syrien.
Psycho-Krieg
Alle Angaben zur Stärke der Befreiungsarmee sind natürlich mit Vorsicht zu genießen – psychologische Kriegsführung ist ja eine wichtige Waffe. Oberst al-Asad sprach zuletzt von 20.000 Bewaffneten, und täglich kämen Hunderte dazu. Natürlich reiche das nicht, um die 200.000 Mann starke Armee herauszufordern. Mit nadelstichartigen Überraschungsangriffen im Guerilla-Stil ließen sich aber ebenso Erfolge erzielen. Ziele der FSA sind Armee-Einheiten, die Demonstranten angreifen, aber auch Einrichtungen der Geheimdienste und der Regierungsmilizen. Laut Überläufern hat die Armee jetzt den Befehl, Proteste „mit allen Mitteln“ niederzuschlagen.
Al-Asad fordert die Einrichtung einer Flugverbotszone über Nord-Syrien, um Deserteuren einen Rückzugsraum zu schaffen. Eine ausländische Intervention lehnt er ab. Unter Vermittlung der Türkei soll er sich aber mit US-Diplomaten getroffen haben. Dabei sei es um Geheimdienst-Informationen gegangen.
Eine eigene politische Agenda verfolgen die Deserteure, die in engem Kontakt mit der Oppositionsallianz Syrischer Nationalrat stehen, nach eigenen Angaben nicht. Ihnen gehe es darum, „Freiheit und Würde zu erreichen, das Regime zu stürzen und die Revolution sowie die Ressourcen des Landes zu schützen“. Al-Asad sagte einmal, er stelle sich das neue Syrien als „muslimisches Land und säkulare Demokratie“ vor – wie die Türkei.
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