Stiftungsaffäre: Blaues Auge für Martin Graf

Stiftungsaffäre: Blaues Auge für Martin Graf
Spät, aber doch stellt sich FPÖ-Chef Strache hinter Martin Graf. Die Causa bleibt dennoch höchst unappetitlich.

Die Verteidigung durch den Parteichef kam auffallend spät. Seit Dienstagabend steht Martin Graf, Dritter Präsident des Nationalrats, unter Druck. Eine Pensionistin beschuldigte Graf im ORF-Interview, er habe sie als Vorstand ihrer Privatstiftung übers Ohr gehauen – sie prozessiert, um Graf loszuwerden.

Für die FPÖ und Parteichef Heinz-Christian Strache ist die Causa ausnehmend unerquicklich. Ausgerechnet jener Blaue mit der formal höchsten Funktion soll eine knapp 90-Jährige über den Tisch gezogen haben? Das passt nicht zum selbst gezimmerten Image der FPÖ. Erst am Donnerstag Nachmittag stellte sich Strache hinter seinen Parteifreund: Graf habe ihm die Unterlagen gezeigt und die Vorwürfe glaubhaft entkräftet, ließ Strache ausrichten; nun gelte es, für Getrud Meschar (so heißt die wehrhafte Pensionistin) eine gütliche Lösung zu finden.

Zweifel

Stiftungsaffäre: Blaues Auge für Martin Graf

Die Dame wollte für den Fall vorsorgen, dass sie Pflege braucht. Graf hatte Meschar laut ihrer Aussage geraten, ihr Vermögen (rund eine Million Euro) in eine Stiftung einzubringen. Diese wurde 2006 gegründet. Ob eine Lösung so einfach wird, ist zu bezweifeln. Denn obwohl ihnen nicht alle Dokumente vorliegen, äußern Stiftungsrechtsexperten Skepsis, ob die Pensionistin mit der Stiftung wirklich gut beraten war. So gilt etwa die Höhe des Stiftungsvermögens – rund eine Million Euro – als auffallend gering.

Andreas Bauer, Stiftungsrechtsexperte der Wiener Kanzlei bkp setzt die Mindestmarke für eine Stiftungsgründung bei etwa drei Millionen Euro. Sein Kollege Peter Kunz von der Kanzlei Kunz Schima Wallentin geht im KURIER-Gespräch sogar noch deutlich höher: „Unter zehn Millionen Euro macht das angesichts der laufenden Kosten in den meisten Fällen keinen Sinn.“

Abgesehen davon, dass Stifterin Meschar heute sagt, sie sei bei der Gründung der Stiftung überrumpelt worden, erzürnt sie vor allem, wie die Stiftung mit ihrem Vermögen umgeht. So behauptet sie, die Stiftung wickle fragwürdige Geschäfte ab, die vornehmlich dem Wohl der Familie Graf dienen. Sie, Meschar, müsse mit 400 Euro im Monat ihren Lebensunterhalt bestreiten.

Graf widerspricht heftig: Die Stiftung tue alles, damit es der Pensionistin gut gehe. Man zahle Arzt-Rechnungen und Betriebskosten. Zusätzlich zu Meschars „stattlicher Pension“ gebe es Bargeld. Derartige Details sind von den Experten ohne Verträge und Kontoauszüge nur schwer zu bewerten – es steht Aussage gegen Aussage.

Eine zumindest befremdliche Optik lässt sich aber bei einem, auch von Meschar kritisierten Hauskauf der Stiftung feststellen. Worum geht es? Die Stiftung hat ausgerechnet jenen Teil eines Döblinger Hauses gekauft, in dem Martin Grafs Bruder ein Lokal betreibt und an dem Graf über seine Firma auch selbst beteiligt ist.

 

Bedenken

Stiftungsrechtsexperten halten das zumindest für hinterfragenswert. „Ich hätte erhebliche Bedenken, ob hier nicht ein Interessenkonflikt vorliegt“, sagte Experte Andreas Bauer. Anwaltskollege Peter Kunz sprach von einer „seltsamen Optik, wenngleich das angesprochene Geschäft rein formal in Ordnung sein dürfte“.

Soweit waren sie sich mit dem Klubobmann der ÖVP, Karlheinz Kopf, einig. Er befand am Donnerstag: „Die Optik der Causa ist alles andere als gut. Sie schadet der Politik und dem Präsidentenamt.“ Wilhelm Brauneder, früher Dritter Nationalratspräsident der FPÖ, empfahl Graf im ORF seine politischen Funktionen bis zur Klärung der Vorwürfe zurückzulegen.

 

 

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