Slowakei: Ein Skandal als Wahlhelfer

Slowakei: Ein Skandal als Wahlhelfer
Eine riesige Schmiergeld-Affäre dominiert die Parlamentswahlen am Samstag. Der Linke Robert Fico steht vor einem Wahltriumph.

Da sitzt er mit seiner Axt auf dem vielen Geld, das er den Reichen abgeknöpft und unter den Armen verteilt hat: Räuberhauptmann Janosik ist für die Slowaken das, was für die Engländer Robin Hood ist – und jetzt ist er sogar im Wahlkampfeinsatz. Mit dem Gesicht von Sozialistenchef Robert Fico ausgestattet, droht Janosik auf Plakaten am Straßenrand die Slowakei zum nächsten Griechenland, also zum Pleitestaat, zu machen. Außerdem würden er und seine Partei sich die Taschen wieder mit reichlich Schmiergeld füllen.

Eine untergriffige Attacke, hinter der sich – so munkelt man in Bratislava – die konservativen Parteien verbergen. Schließlich vergleicht sich Fico selbst oft gerne mit dem sagenumwobenen Volkshelden Janosik.

Am Ergebnis der Parlamentswahlen am Samstag, dem 10. März, dürfte auch diese Finte kaum noch etwas ändern. Fico und seiner Smer-Partei werden in letzten Umfragen mehr als 40 Prozent der Stimmen vorhergesagt. Damit kehrt der ehemalige Premier nach knapp eineinhalb Jahren Unterbrechung wieder an die Macht zurück.

Die konservative Regierungskoalition unter Premierministerin Radicova ist am internen Streit um den Euro-Rettungsschirm gescheitert. Dazu kommt ein riesiger Korruptionsskandal, der das Land seit Monaten in Atem hält und der den gesamten Wahlkampf überschattet: Die Affäre „Gorilla“.

Wie aus dem Nichts ist im Internet ein Geheimdienst-Dokument aufgetaucht. Darin finden sich die detaillierten Protokolle geheimer Absprachen zwischen dem tschechisch-slowakischen Großkonzern Penta und den Spitzen der konservativen Parteien. Es geht um Privatisierungen slowakischer Staatsunternehmen von Energieversorgern bis zu Flughäfen. Dutzende Millionen an Bestechungsgeldern sollen 2006 unter der damaligen Regierung Dzurinda geflossen sein – und zwar an fast alle maßgeblichen Regierungspolitiker. Was jahrelang offensichtlich vertuscht worden war, wird jetzt durch die „Gorilla“-Akte zum Riesenskandal. Ermittlungen von Polizei und Justiz stehen allerdings erst am Anfang.

Abgekartetes Spiel

Obwohl auch Fico mit den Penta-Chefs enge Kontakte hatte, konzentrieren sich die Anschuldigungen in den „Gorilla“-Protokollen auf die konservativen Parteien, allen voran die SDKU und ihren ehemaligen Partei- und Regierungschef Mikulas Dzurinda. Nicht umsonst vermuten viele Politiker der Rechtsparteien, aber auch die Chefetage des Penta-Konzerns, ein abgekartetes Spiel. Da werde mithilfe der Geheimdienste Politik gemacht. Und Fico sei der große Profiteur.

Den meisten Slowaken aber sind solche Spekulationen ziemlich egal. Ihre Wut richtet sich gegen Dzurinda und all die anderen mutmaßlichen Abkassierer aus den Rechtsparteien. Und diese Wut ist am Überkochen. Seit Wochen wird in Bratislava gegen das Netzwerk der Korruption demonstriert. Der Populist Fico weiß diese Stimmung perfekt für sich zu nützen. Der 48-Jährige, der schon in der kommunistischen Tschechoslowakei politische Karriere gemacht hatte, gilt nicht umsonst als durchschlagskräftiger Macher.

Als Maßnahme zur Wirtschaftsbelebung schlägt er eine Reichensteuer vor, und zwar für jene Mitbürger, die mehr als 2750 Euro im Monat verdienen. Der Durchschnittslohn liegt bei 760. Viel mehr Versprechen kann auch Fico in Zeiten von Krise und Budgetnöten nicht machen. Eine großzügige Steigerung der Sozialausgaben, mit der Fico in seiner ersten Regierungszeit gepunktet hatte, ist jetzt nicht mehr drinnen. Preise und Arbeitslosigkeit steigen währenddessen unaufhaltsam.

Verklärter Kommunismus

Die Smer spricht auf ihren Wahlveranstaltungen daher lieber von politischer Stabilität, von Sicherheit und europäischen Werten. Und sie ruft gerne Erinnerungen an die Tage vor der Wende 1989 wach, als die Partei für alle und alles sorgte.

In verarmten Städtchen wie Trnava, an denen das slowakische Wirtschaftswunder vorbeigezogen ist, kommt das gut an. Bei mehr als 20 Prozent Arbeitslosigkeit und Ab- oder Auswanderung als einziger Perspektive kommt vor allem den Älteren das Leben unter der längst verklärten kommunistischen Diktatur gar nicht mehr so schlecht vor.

 

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