Serbien-Kosovo: Zollstreit eskaliert

Serbien-Kosovo: Zollstreit eskaliert
Die KFOR-Schutztruppe unter Beschuss, Straßen blockiert, Grenzposten in Flammen - Europas jüngster Staat erlebt den schwersten Gewaltausbruch seit Jahren.

Es braucht anscheinend nicht viel, um im Kosovo wieder alles auf den Kopf zu stellen: Ein wenig politische Sturheit, ein politischer Zwist und ein paar Dutzend gewaltbereite Fanatiker - die Ingredienzien für eine Krise. Und in einer solchen steckt der Kosovo.

Seit einer Woche zeichnet sich keine Entspannung ab. Im Gegenteil: Nach Straßenblockaden, Heckenschützen-Attacken und politischen Scharmützeln brannte in der Nacht auf Donnerstag ein Grenzposten nieder. Die diensthabenden Polizei- und Zollbeamten konnten sich vor einem Mob zu einem Posten der NATO-Schutztruppe KFOR retten. Später fielen Schüsse auf die Stellung der Schutztruppe. Soweit die letzten Höhepunkte in diesem Konflikt.

Stempel-Streit

Letztlich geht es dabei um die Anerkennung des Kosovo. Serbien verweigert diese. Und ebenso die serbische Minderheit im Norden des Kosovo, die dort aber die Bevölkerungsmehrheit stellt - womit der kosovarische Staat auf das Gebiet faktisch kaum Einfluss hat. Und in eben diesem Gebiet befinden sich die beiden jetzt so umstrittenen Grenzposten. Das Mittel in diesem Streit sind Zollstempel. Serbien erkennt den kosovarischen nicht an - was einem Einfuhrverbot für Waren aus dem Kosovo gleichkommt. Und ebenso hält es seit vergangener Woche der Kosovo mit dem serbischen Stempel. So die Theorie.

In der Praxis flossen alle Waren über die Grenzposten Brnjak und Jarinje, weil dort keine kosovarischen Zöllner, sondern serbische gemeinsam mit Beamten der EU-Rechtsstaatsmission EULEX standen - bis die Regierung in Pristina die Sonderpolizei schickte, um die Posten unter Kontrolle zu bringen. Bei dem Einsatz starb ein Polizist durch Schüsse aus dem Hinterhalt. Die kosovarische Kontrolle über die Posten dauerte bis zur Nacht auf Donnerstag, als vermummte jugendliche serbische Kosovaren mit Äxten, Knüppeln und Brandsätzen anrückten. Mittlerweile hat die KFOR die Kontrolle über den Posten. Die Straßenblockaden serbischer Kosovaren hinter der Grenze bestehen aber weiter.

Für die Regierung in Pristina steckt hinter den Attacken viel mehr als rohe Gewalt. Regierungschef Hashim Thaci macht die serbische Regierung direkt verantwortlich. "Die Gewalttaten sind bestellt, geplant und geleitet von den höchsten Ebenen der serbischen Regierung", sagte er. Serbiens Präsident dagegen verurteilte die Eskalation und appellierte an die Serben im Kosovo, die Angriffe einzustellen. Serbische und kosovarische Unterhändler trafen sich am Donnerstag - eine Einigung wurde wie erwartet nicht erzielt.

UN-Sicherheitsrat

Mittlerweile beschäftigt der Konflikt auch den UN-Sicherheitsrat. Die EU sieht der Eskalation sachte mahnend zu. "Ruhe und Sicherheit für jeden müssen wieder hergestellt werden", sagte EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Gewalt werde nicht toleriert und einseitige Aktionen seien nicht der richtige Weg. Worauf die EU letztlich zählt ist, dass beide Länder wohl nichts tun werden, was ihre Annäherung an die EU gefährdet. Außenminister Michael Spindelegger bezeichnete den jüngsten Gewaltausbruch als "völlig inakzeptabel". Beide Regierungen müssten zur Deeskalation beitragen.

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