Schlag gegen Menschenhändlerring

Schlag gegen Menschenhändlerring
Moderne Sklaverei: Eine bulgarische Schlepperbande wurde gesprengt. Die Verdächtigen zwangen Frauen zur Prostitution in Wien.

Georgi G. tat so, als würde er sich alles leisten können. In Montana, einer bitterarmen Region im Nordwesten Bulgariens, prahlte er vor jungen Frauen mit Geld, verdrehte ihnen den Kopf und lockte sie mit falschen Versprechungen nach Österreich. Dort schlug seine Liebenswürdigkeit in rohe Gewalt um. Der 41-Jährige zwang seine Opfer mit Schlägen und Drohungen zur Prostitution.

Georgi G. ist ein "Lover Boy". So nennen heimische Ermittler diese gängige Masche unter Menschenhändlern, die Frauen von Ost- nach Westeuropa schleusen. Sie täuschen junge Frauen mit Liebesversprechungen, Geld und einem Job in Österreich oder einer anderen Wohlstandsinsel in Europa.

"Operation Montana"

G. war der erste Schlepper eines Menschenhändlerrings, für den bereits im August die Handschellen klickten. In einer groß angelegten Aktion sprengten bulgarische und österreichische Ermittler nun die straff organisierte Bande. Die Bilanz der "Operation Montana": Inklusive G. wurden sieben Personen verhaftet, sechs davon in Wien, eine in Bulgarien. Sie gehören allesamt ein- und derselben bulgarischen Familie an. Die Behörden forschten 31 Opfer aus. Unter ihnen befanden sich auch drei Männer, die zum Betteln gezwungen worden waren. Die Beamten stürmten in Wien acht Häuser, in Bulgarien kam es zu 14 Hausdurchsuchungen.

Den Erfolg im Kampf gegen "das grausame, unmenschliche Geschäft" präsentierte am Mittwoch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner mit einer Vertreterin der bulgarischen Behörden und leitenden heimischen Beamten.

Die Ermittlungen begannen bereits im September 2010. Es gab zwar konkrete Hinweise, jedoch konnte keines der Opfer zu einer Aussage überredet werden. "Solche Einvernahmen sind extrem schwierig. Oft sehen sich die Opfer gar nicht als Opfer", erklärte Claudia Dannhauser vom LKA Wien. Ihnen werde von ihren "Lover Boys" vorgegaukelt, dass sie für eine gemeinsame Zukunft anschaffen gehen. "Oft macht es erst bei der Einvernahme ,klick': ,Ja, ich wurde ausgebeutet'", schilderte Dannhauser.

Einschüchterung

Von selbst suche nie eine Betroffene die Polizei auf, sagte Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt: "Mit Drohungen gegen die Familie werden die Opfer eingeschüchtert" - und gefügig gemacht. So erging es auch einer 20-jährigen Bulgarin. Erst als ihr dreijähriger Sohn in ihrer Heimat in Sicherheit war, sagte die Frau aus, und verhalf damit den Ermittlern zum Durchbruch.

Die Frauen arbeiteten tagsüber als Geheimprostituierte. Einige waren unauffällig im U-Bahn-Bereich des Westbahnhofs unterwegs. Nachts mussten sie sexuelle Dienste in Mini- oder Keller-Bordellen anbieten. Das Geld landete bei ihren Zuhältern. Waren die Bordelle überbelegt, mussten die Opfer in Autos nächtigen.

Beschlagnahmt wurden auch Immobilien und Bargeld. Damit sollen die Opfer entschädigt werden. Der bereits im August verhaftete Georgi G. stand bereits in Österreich vor Gericht. Er fasste zehn Jahre Haft aus - nicht rechtskräftig.

Schlepperei: Wo Hilfe zu finden ist

Task Force Ein eigens eingerichtetes Referat im Bundeskriminalamt kümmert sich in enger Zusammenarbeit mit zuständigen Sozialeinrichtungen um den Schutz der Menschenhandelsopfer. Sie werden beim Aufbau eines neuen Lebens unterstützt. Um die Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels in Österreich zu koordinieren und zu intensivieren, wurde im November 2004 die "Task Force Menschenhandel" eingerichtet.

Kontakt Hilfe für Opfer von Menschenhandel bietet eine eigens eingerichtete "Menschenhandelshotline" im Bundeskriminalamt und in den Bundesländern. Hier können - auch anonym - Hinweise gegeben werden. Die Telefonnummer lautet 01/24836 85383. Zeugen und Opfer können sich auch via eMail (menschenhandel@bmi.gv.at) an das Bundeskriminalamt wenden.

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