Sauberkeitspaket im Experten-Test
SPÖ und ÖVP haben das Sauberkeitspaket fertig geschnürt – am Mittwoch wird es beschlossen. Aber hält der Inhalt, was die Regierung versprochen hat? Was fehlt? Was muss als Nächstes kommen?
Diese Fragen beantworten OGM-Chef und Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer und Franz Fiedler, der Präsident von Transparency International Österreich.
Wie gut ist das Paket?
"Es ist mehr, als ich erwartet hatte", sagt Fiedler. "Das Spendenverbot für staatsnahe Betriebe, die Erfassung von Sachspenden und Inseraten – das sind wesentliche Fortschritte." Ihn ärgert aber eine Lücke – dass große Spenden in Tranchen zu 3500 Euro an Bezirksparteien verteilt gespendet werden können, ohne dass dies aufscheint. Nachgebessert müsse auch beim Lobbyistengesetz werden: "Das bringt so gut wie keine Transparenz." Die Analyse von Bachmayer: "So tief, wie sie mit der Telekom-Affäre davor gefallen ist, hat die ÖVP sicher den größeren Imagegewinn durch das Paket. Das spiegelt sich ja auch in steigenden Umfragewerten wider. Die Frage ist aber, wie lange der Effekt anhält – denn das Paket ist jetzt vom Tisch. Der U-Ausschuss zu den Korruptionsfällen läuft hingegen munter weiter."
Was fehlt in diesem Paket?
Laut Bachmayer ist es deshalb notwendig, dass die Regierung das Thema – diesmal positiv besetzt – am Leben hält. "Die Politiker müssen ihren ,neuen Anstand" irgendwie belegen." Der Blick müsse darauf gerichtet werden, dass nicht nur Geld mit Korruption verbunden wird – Stichwort Proporz. Fiedler beklagt, dass eine 100-Euro-Bagatellgrenze eingezogen wurde, das sei ein fatales Signal: "In Österreich mangelt es sowieso am Bewusstsein. Die Grenzen zwischen Trinkgeld, Bakschisch und Bestechung sind fließend." Und es bleibe eine fatale Optik in der Justiz: "Keiner der großen Prozesse ist zur Gänze rechtskräftig erledigt." Das sorge nicht für Glaubwürdigkeit.
Wo ist die Politik weiter gefordert?
Für Fiedler ist deshalb auch die Justiz eine große Baustelle für weitere Reformen: Justizministerin Beatrix Karl "sagt immer, sie will Vertrauen gewinnen. Dann soll sie ihr Weisungsrecht aufgeben." Denn allein die Existenz dessen schüre Zweifel, egal, ob es Weisungen gebe. "Dann glauben die Leute eben, dass jemand aus politischen Gründen nicht angeklagt wird." Weiters brauche es "nach wie vor eine Staats- und Verwaltungsreform. Mehr denn je." Für den Nationalrat wünscht er sich selbstbewusste Mandatare. Er präferiert das französische Modell: Direktwahl in kleinen Wahlkreisen – in zwei Wahlgängen, "bis ein Kandidat die Absolute hat".
Auch für Bachmayer ist Demokratie "sicher ein großes Thema der Zukunft. Die Regierung kann das vor allem aktiv anpacken – das Transparenzpaket war ein Defensivthema, da stand die Regierung massiv unter Handlungsdruck." Gerade in der Euro-Krise und bei der Frage, wie die EU in Zukunft aussehen soll, müsse man die Menschen mitreden lassen.
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