Sauberkeitspaket: "Die ganze Bude wackelt"
Transparenz und Regeln für Lobbyisten, neues Gesetz zur Parteienförderung, Modelle für mehr direkte Demokratie: SPÖ und ÖVP versuchen bei all dem einen Zahn zuzulegen – und das zum Teil im Wettstreit. Herbert Bösch, einem der Proponenten der Volksbegehrens-Initiative Mein Oe – Demokratie jetzt, reichen die geplanten neuen Regeln und Absichtserklärungen nicht.
Er weiß, wovon er spricht. Er war lange EU-Abgeordneter der SPÖ und dort Betrugsbekämpfungs- sowie Budgetspezialist. Vor Kurzem wurde er als erster Österreicher in den Aufsichtsrat der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF berufen. Er bekennt sich zu der hierzulande sehr hohen Parteienförderung. Umso strenger müsse aber die Rechenschaftspflicht sein. Bösch: "Es müssen die gläsernen Parteikassen her."
Was die Regierung plant, werde nicht zur gebotenen Sauberkeit führen. "Wir werden erleben, wie all das jämmerlich scheitert. Weil die Parteien über riesige Apparate verfügen, die zu ihnen in Abhängigkeit stehen." Deshalb müssten alle Geldflüsse offengelegt werden. "Wir sind im 21. Jahrhundert , da muss jeder Cent sichtbar sein." Dass Spenden erst ab 5000 Euro öffentlich gemacht werden sollen, sei inakzeptabel. "Es ist abenteuerlich, dass man in Zeiten wie diesen sagt, ab 5000 Euro veröffentlichen wir ein bissl. Jede Weihnachten spenden zig Tausende für Licht ins Dunkel und jeder, der etwas gibt, wird bekannt gemacht."
Dass für Mandatare und Amtsinhaber künftig strengere Unvereinbarkeitsregeln gelten sollen, sei gut und schön. "Das entscheidende sind aber die Sanktionen. Da muss gelten: Du lügst nur ein Mal." Abgeordneten könnte ein Entschlagungsrecht bei Abstimmungen eingeräumt werden, sollten ihre beruflichen Interessen in Verbindung zu Gesetzen stehen, die sie mitbeschließen sollen. Bösch verweist dazu auf das EU-Parlament. "Ich habe das nicht nur einmal erlebt, dass Abgeordnete von sich aus gesagt haben, sie stimmen wegen Befangenheit nicht mit."
Der Ex-Politiker fürchtet, dass sich immer mehr Menschen von der Demokratie abwenden und Amtsinhaber zu "Minderheitensprechern" werden, weil sie mit niedriger Wahlbeteiligung in wichtige Funktionen kommen. "Die ganze Bude wackelt. Es wird am Ende nicht mehr um Rot oder Schwarz gehen. Es wird Leute geben, die das ganze System infrage stellen."
Einmischen
Jahrzehntelang sei Österreich mit seinem Parteien-System gut gefahren. Nun offenbare sich, dass die privilegierte Position der Parteien zu Missbrauch geführt habe. Dem will er bei Mein Oeentgegenarbeiten. Die Forderungen: 50 Prozent direkt gewählte Mandatare; Stärkung des Nationalrates; unabhängige Justiz durch einen vom Nationalrat ernannten Generalstaatsanwalt; Reform des Föderalismus (mehr Bundeskompetenzen, Übertragen der Aufgaben des Bundesrates an die Landtage und dessen Abschaffung) sowie eine Reform der Parteien.
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