Rumänien: Plagiats-Affäre um Premier
Er gesellt sich in eine Reohe bekannter Politiker: Auch der rumänische Ministerpräsident Victor Ponta von den Sozialdemokraten (PSD) wird des Plagiats beschuldigt - vom renommierten Wissenschaftsmagazin Nature und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Unter Berufung auf einen anonymen Informanten behauptet Nature, dass von Pontas im Jahre 2003 an der Universität von Bukarest abgeschlossener, 432 Seiten umfassender Doktorarbeit über internationales Recht mehr als die Hälfte ohne adäquate Quellenangabe übernommen worden sei - unter anderem von Veröffentlichungen der rumänischen Rechtswissenschafter Dumitru Diaconu und Vasile Cretu.
Ponta hat am Dienstag mit Bezug auf die Plagiatsvorwürfe gegen ihn erklärt, dass die einzige mögliche Anschuldigung jene sei, dass er die Quellen nicht in einer Fußnote, sondern erst im Anhang bei der allgemeinen Literaturliste angegeben habe. Bei einer Pressekonferenz in der rumänischen Hauptstadt
Bukarest zeigte er den Journalisten seine Doktorarbeit. "Wenn ich mich schuldig gemacht habe, verzichte ich auf den Doktortitel", erklärte Ponta. Er betonte, dass er nicht zurücktreten werde.
Erneut bezeichnete Ponta den Skandal als "Erpressungsversuch" nach "Methoden des kommunistischen Geheimdienstes Securitate", der von seinem Rivalen, Staatspräsident
Traian Basescu ausgehe.
Selbstplagiat
Laut der FAZ sollen sich die undeklariert übernommenen Passagen über 130 Seiten erstrecken und auch Zeitungsartikel aus der Tageszeitung Romania Libera so übernommen worden sein. Zudem soll sich Ponta laut Nature in zwei weiteren Publikationen in den Jahren 2004 und 2010, in denen er lange Passagen seiner Doktorarbeit unverändert reproduziert, des Selbstplagiats schuldig machen.
Ponta weist die Anschuldigung zurück und führt sie auf ein Manöver seines politischen Erzrivalen, Staatspräsident Traian Basescu zurück. Ponta erklärte sich bereit, sich jeder Überprüfung stellen zu wollen.
Ex-Premier als Doktorvater
Die Hintergründe der Affäre erscheinen etwas dubios: Seinen Doktortitel erhielt Ponta in der Zeit, als er unter seinem Mentor und Doktorvater, dem ehemaligen Premier Adrian Nastase, als Staatssekretär amtierte. Während Nastase auch nach mehreren Korruptionsskandalen weiterhin als graue Eminenz der Sozialdemokratischen Partei gilt, ist Ponta, der mit 39 Jahren der jüngste Premier des demokratischen Rumäniens ist, als dessen Zögling und Vordermann bekannt.
Gleich nach seiner jüngsten Ernennung zum Ministerpräsidenten soll Ponta einen eklatanten Versuch unternommen haben, zugunsten Nastases die Justiz zu beeinflussen. In einem Korruptionsprozess, in dem Nastase bereits zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war, zog der von Ponta in seiner ersten Amtshandlung ernannte Direktor der geschädigten Institution völlig überraschend die Klage zurück.
Die Plagiatsvorwürfe gegen Ponta erhöhen die Besorgnis um den Willen und die Fähigkeit der erst seit wenigen Wochen amtierenden Regierung, vor allem im Bildungsbereich die Korruption zu bekämpfen. Wenige Tage nach seinem Amtsantritt im März 2012 musste der von Ponta ernannte Unterrichtsminister Ioan Mang wegen sich häufender Plagiatsvorwürfe zurücktreten. Dabei war bereits Pontas erste Nominierung für den Posten, Corina Dumitrescu, Rektorin der als "Diplomfabrik" bekannten Privatuniversität "Dimitrie Cantemir", von der Zivilgesellschaft dezidiert abgelehnt worden: Unter anderem hatte sie ihren Lebenslauf mit angeblichen Fortbildungskursen an der US-amerikanischen Universität Stanford, deren Namen sie als "Standford" angegeben hatte, ausgeschmückt. Plagiat und Betrug stellen im rumänischen Unterrichtssystem ein äußerst gravierendes Problem dar. Bei der Maturaprüfung 2011 unter dem reformistischen bürgerlichen Minister Daniel Funeriu (PDL) war nach Einführung von Überwachungskameras in den Prüfungsräumlichkeiten bei der Bestehensrate ein plötzliches Rekordtief von 45 Prozent verzeichnet worden.
Kommentare