Picassos Präsent an den Elektriker

Picassos Präsent an den Elektriker
40 Jahre lang lagen 271 frühe Zeichnungen des Malers in der Garage seines Elektriker. Sie sind 80 Millionen Euro wert.

Pablo Picassos Chauffeur, bekannt unter dem Spitznamen Nounour, hat angeblich 100 Bilder von Picasso geschenkt bekommen. Er ist lange tot. Picassos Elektriker, ein Cousin von Nounours Ehefrau, brachte sich mit 271 früheren Zeichnungen des Malergenies in die Bredouille. Er lebt im südfranzösischen Mouans-Sartoux und würde die Bilder, sollte man sie ihm doch noch zusprechen, nicht zu Geld machen, sondern seinem Heimatdorf für ein Museum stiften. Denn schön findet er sie ohnehin nicht. "Das sind echte Bilder, nicht diese drei Linien auf einem Blatt Papier", sagt Pierre Le Guennec und zeigt auf Plakate. Im Wohnzimmer des alten Elektrikers mit rubinroten Stofftapeten hängen in kupferfarbenen Rahmen Plakate von Picasso-Ausstellungen. Die wertvollen Zeichnungen des Malers bewahrte der Elektriker in einem Karton in seiner Garage in Mouans-Sartoux auf. Erst 2010, als man bei ihm Prostatakrebs diagnostiziert hatte, wollte er seine Dinge ordnen, erinnerte sich an den Karton und brachte die unsignierten Zeichnungen mit dem Zug zur Picasso-A­dministration nach Paris.

Dort stellte man die Echtheit fest und schätzte den Wert der 271 Zeichnungen auf 80 Millionen Euro.Seither werden Pierre Le Guennec und seine Frau Danielle der Hehlerei verdächtigt.

Denn der einzige noch lebende Sohn und Nachlassverwalter Picassos, Claude, glaubt kein Wort von der Geschichte einer ungleichen Freundschaft zwischen seinem Vater, seiner Stiefmutter und einem einfachen Elektrikerehepaar.

Viele Franzosen glauben sie. Medien stilisieren sie zum Kampf zwischen Arm und Reich oder Gut und Böse.

Hier der naive Elektriker, der nicht einmal etwas haben will. Dort der gierige Sohn und sein berühmter Rechtsanwalt, die nicht genug kriegen können.

Das Ehepaar Le Guennec wird von einem Rechtsprofessor aus Bordeaux vertreten, der selbst Maler und ein glühender Verehrer Picassos ist. Er hat von sich aus seine Dienste in diesem "höchst interessanten Fall" angeboten, der demnächst vor dem Bezirksgericht in Grasse entschieden werden könnte.

Im Prozess geht es darum, ob der Chauffeur Bilder gestohlen und dem Elektriker gegeben haben könnte. Oder ob es wirklich stimmt, dass Jacqueline Picasso, die zweite Frau des Malers, dem befreundeten Elektriker­ehepaar Anfang der 1970er-Jahre einen Karton mit frühen Zeichnungen ihres Mannes geschenkt hat. So wie Picasso eben auch seinen langjährigen Chauffeur beschenkt haben soll.

Zerstrittene Erben

Die meisten Protagonisten sind lange tot und die meisten Zeugen haben Eigeninteressen, unterstellen Beobachter des Streits. Sicher belegt ist nur, dass Jacqueline Picasso dem Ehepaar Le Guennec Anfang der 1980er Jahre 540.000 Franc geliehen hat, damit Pierre eine Taxilizenz erwerben konnte.

Claude Picasso nahm nicht an der Beerdigung seiner Stiefmutter teil. Die Familie war zerstritten. Im Gegensatz dazu gehörte Danielle Le Guennec zu dem kleinen Kreis von Trauergästen, die nach Jacquelines Selbstmord 1986 zum Begräbnis zugelassen waren. Denn so sagt der Elektriker: "Picasso war mit uns einfachen Menschen lieber zusammen als mit seinen Erben."

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