Pannenserie nach Serienmorden

Pannenserie nach Serienmorden
Tauziehen um einen mutmaßlichen Vierfachmörder aus Kärnten. Sogar ein Nationalratspräsident wurde aktiv.

Das Staatsgefängnis Tacumbu in Paraguay dürfte ein netter Ort sein. Seit der Kärntner Zuhälter Sandro Otto Hafner dort in Untersuchungshaft sitzt, hat er zumindest 46 neue Facebookfreunde gefunden. Dabei sind die Vorwürfe gegen ihn alles andere als Kavaliersdelikte: Er wird mit mindestens vier Morden in Österreich und Paraguay in Verbindung gebracht, es wird aber von noch mehr Tötungsdelikten gemunkelt.

Seit nunmehr 14 Monaten sitzt Hafner in Untersuchungshaft, die Ermittlungen laufen auf beiden Kontinenten schleppend. Der Fall des möglicherweise größten Serienmörders seit Jack Unterweger ist geprägt von Pleiten, Pech und Pannen.

Rotlicht

Begonnen hatte alles im Februar 2006, als Hafners Kärntner Freundin Michaela Grabner, 26, als vermisst gemeldet wird. Da sie als Bardame im Rotlicht arbeitet, wird ihrem Verschwinden wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dass die Familie Hafner verdächtigt, scheint kaum jemanden zu interessieren. "Es geht nur um eine Prostituierte", sagt damals ein Kärntner Polizeijurist achselzuckend.

Im Juni 2008 wird Hafner schließlich wegen eines gescheiterten Mordkomplotts gegen einen Rotlicht-Konkurrenten zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Während eines Ausgangs aus der Strafanstalt Karlau flüchtet der Villacher im Oktober 2008 nach Paraguay. Lokale Medienberichte sprechen davon, dass er von einem österreichischen Konsulat anschließend sogar einen Personalausweis bekommen hat. (Das Außenministerium in Wien bestreitet das aber.)

Aus Paraguay schickt er via Facebook Grüße und aktualisiert seine Bilder. Seinen Wohnort verschleiert Hafner nicht. Da es kein Auslieferungsabkommen zwischen Paraguay und Österreich gibt, droht ihm keine Gefahr. Erst jetzt sollen die Ermittler erstmals die Wohnung von Grabner nach Spuren abgesucht haben. In dieser Zeit verschwindet auch Natascha S., die Fluchtbegleiterin von Hafner, spurlos – ein weiterer Mord?

Wegen Drogenbesitzes festgenommen

Im März 2010 wird Hafner in Paraguay festgenommen, wegen Drogenbesitzes. Da Österreich auf einen internationalen Haftbefehl vergessen hat, kommt er aber bald wieder auf freien Fuß. Im Juli 2010 folgt die nächste Festnahme. Der damals 42-Jährige dürfte ein sehr reiches deutsches Paar in Paraguay ermordet und um beträchtliches Bargeld erleichtert haben. Die Opfer wurden tot im Brunnen des Hauses entdeckt.

Während Sandro Hafners Zeit in Paraguay starben noch fünf weitere Europäer bei mysteriösen Raubüberfällen in ihren Häusern.

Drei Monate nach der Tat kommt Hafner jedenfalls überraschend frei. Von 300.000 Dollar Schmiergeld ist die Rede. Dieses soll ausgerechnet aus der Beute von dem Doppelmord stammen. Im Juni klicken in Pedro Juan Caballero, rund 450 Kilometer von der Hauptstadt Paraguays entfernt, erneut die Handschellen. Interpolbeamte nehmen den Kärntner fest, da nun doch noch ein internationaler Haftbefehl von Österreich kommt.

 

Polit-Besuch

Seither läuft ein diplomatisches Tauziehen. Sogar Österreichs dritter Nationalratspräsident Martin Graf besuchte Mitte März Asuncion und machte sich bei Vizepräsident Federico Gomez für eine Auslieferung stark. Auch das Außenamt macht Druck. Vorerst passiert aber nichts, eine Anklage gibt es noch nicht. Und die Familien der Opfer warten weiter auf Gerechtigkeit.

Nun ermittelt auch die Polizei etwas intensiver. Im Jänner wurde neben Hafners Haus nach der Leiche von Michaela Grabner gesucht. Immerhin fast sechs Jahre nach ihrem Verschwinden.

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