ORF-Redakteure gehen in die Offensive

ORF-Redakteure gehen in die Offensive
Nach dem bekannt gewordenen Postenschacher zwischen ORF-Chef Wrabetz und dem BZÖ kämpfen die ORF-Redakteure um ein neues ORF-Gesetz.

Ein paar Stimmen im Stiftungsrat, ein paar wichtige Posten im Gegenzug für die Parteifreunde. Der ORF im Würgegriff der Politik. Einen schriftlichen Beleg dafür lieferte der KURIER – im August 2006 hatte sich Alexander Wrabetz durch personelle Zugeständnisse an das BZÖ vier Orange Stimmen im Stiftungsrat gesichert und die Wahl letztlich gewonnen. Auch bei der letzten ORF-Wahl im Sommer 2011 kursierten Listen mit Namen von Direktoren und leitenden Redakteuren. Bei dieser ORF-Wahl hat ja die ÖVP im letzten Moment teilweise für Wrabetz gestimmt, offenbar nicht zu ihrem Nachteil. Um derartige Packeleien in Hinkunft zu vermeiden, kämpfen die ORF-Redakteure vehement um ein neues ORF-Gesetz.

Redakteursrat Fritz Wendl hat mit seinen Kollegen ein Papier ausgearbeitet, um die Unabhängigkeit des größten Medienunternehmens des Landes zu gewährleisten. Heute, Dienstag, treffen gut 100 Redakteursvertreter am Küniglberg zusammen, um ihre Vorgehensweise zu konkretisieren. Auch Generaldirektor Wrabetz ist geladen.

Forderung

"Es muss eine Gesetzesänderung geben. Vor allem muss ein anderer Aufsichtsrat her", sagt Wendl. Es dürfe nicht sein, dass im 35-köpfigen Stiftungsrat Handlanger von Landeshauptleuten oder Parteisekretären sitzen, fernab jeglicher Qualitätsansprüche. "Es muss transparent sein, wer warum in dem Aufsichtsgremium sitzt, was seine Qualifikationen sind. Es kann doch nicht sein, dass etwa ein Stiftungsrat nicht rechtschreiben kann – und das in einem Konzern, der eine Milliarde Umsatz pro Jahr macht."

Auch ein neuer Aufsichtsrat (er soll maximal 15 Mitglieder umfassen) könne in einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht unpolitisch sein, aber, so Wendl, "die Mitglieder müssen unbeeinflussbar agieren." SOS-ORF-Protagonist Peter Huemer, der an der Seite von Gerd Bacher und Andre Heller für einen unabhängigen ORF kämpft und Absprachen wie jene zwischen Wrabetz und dem BZÖ anprangert, stößt ins selbe Horn: Es brauche ein zweistufiges Verfahren zur Auswahl der Aufsichtsräte. Erst sollte der Bundespräsident eine Findungskommission aus 50 honorigen Personen benennen, dann sollten diese 15 Aufsichtsräte bestellen.

Unabhängigkeit

Das aktuelle Grundproblem verdeutlicht auch der ORF-Gesetzestext: Darin ist zwar die Unabhängigkeit ein mehrfach genanntes, unbedingt zu schützendes Gut in der journalistischen Arbeit und Programmgestalung, doch ist nichts zu finden über eine von politischen Zwängen unabhängige Besetzung wichtiger Posten.

"Da genau muss man ansetzen", sagt Redakteursrat Wendl. "Mit einem unabhängigen, sich selbst erneuernden, ohne Rücksicht auf Wahlen konstituierten Aufsichtsrat könnte man dem Politdruck entgehen." Idealerweise sollten Personen wie Hannes Androsch oder Josef Taus dem Gremium angehören, "die sich sicher nichts von einer Laura Rudas vorschreiben lassen."

Zuletzt haben die ORF-Redakteursräte intensive Gespräche mit den Klubobleuten der Parteien geführt. "Die Politik hat eingesehen, dass es eine Änderung geben muss", sagt Wendl. "Spätestens seit wir die Bestellung von Niko Pelinka zum Wrabetz-Büroleiter verhindert haben, weiß man, dass wir es ernst meinen und mit uns nicht zu spaßen ist."

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