Obsorgestreit: "Ich muss Oliver da rausholen"

Obsorgestreit: "Ich muss Oliver da rausholen"
Wo wird der entführte Bub leben: Beim Vater in Dänemark, bei der Mutter in Graz? Am 6. September könnte die Entscheidung fallen.

Fünf Monate nach der spektakulären "Entführung" des kleinen Oliver aus Graz durch seinen dänischen Vater geht das rechtliche Tauziehen um den fünfeinhalbjährigen Buben in die entscheidende Phase. Im Bezirksgericht Helsingor wird am 4. und am 6. September verhandelt, ob dem Antrag der Kindes­mutter auf Rückführung des Buben stattgegeben wird.

Die Ausgangslage ist denkbar kompliziert. Als sich die 40-jährige Grazerin Marion Weilharter Mitte 2010 entschied, ihre Zukunft mit dem Kind von Dänemark nach Graz zu verlagern, hatte sie die alleinige Obsorge über den Buben. "Ich bin also legal ausgereist." Das Sorgerecht wurde ihr später auch in Österreich zugesprochen.

Vater kämpft

Obsorgestreit: "Ich muss Oliver da rausholen"

Ihr Ex-Partner Thomas Sörensen, 40, erkämpfte im Dezember 2010 in Dänemark das Sorgerecht. Darauf begründete er seine Gewaltaktion vor dem Kindergarten in Graz – und sieht sich im Recht. Nun hat er einen Strafantrag am Hals, der mit bis zu fünf Jahren Haft bedroht ist. Ob Sörensen am 25. September zum Prozess nach Graz kommt, ist für Strafrichter Günter Sprinzel noch in Schwebe. Nach mehrmaliger ergebnisloser Aufforderung sei dann zu überlegen, ob wieder ein europäischer Haftbefehl erlassen werden müsse.

Mutter misstraut

Marion Weilharter misstraut den dänischen Behörden so sehr, dass sie noch nicht bekannt geben will, ob sie zum Prozess nach Helsingor reist. "Es dürfen keine Fehler passieren. Ich muss Oliver so schnell wie möglich da rausholen."

Jeden Mittwoch tele­foniere sie normalerweise mit ihrem Kind. Anfangs sei das noch halbwegs gut gelaufen, dann habe Oliver nicht mehr Deutsch ge­sprochen. "Jetzt sagt er gar nichts mehr. Oliver ist eine Geisel da oben."

Eine Verhaftung wegen des Außer-Landes-Bringens von Oliver vor zwei Jahren hat die Grazerin definitiv nicht zu befürchten. Auf diplomatischer Ebene wurde ihr freies Geleit zugesichert. Es ist anzunehmen, dass von der österreichischen Botschaft in Kopenhagen oder dem Wiener Außenamt jemand nach Helsingor kommt, um sich von einem fairen Prozess zu überzeugen. Weilharters Wiener Anwältin Britta Schönhart vertritt mit einer dänischen Kollegin ihre Interessen.

EuGH prüft

Der Fall Oliver ist auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschen­rechte anhängig: Geprüft werden soll, ob nicht-dänische Staatsbürger bei der Obsorge benachteiligt werden. Gemäß einer Eingabe der Kindesmutter wird sich auch das Europäische Parlament damit beschäftigen.

Das sagt der Vater: "Oliver hat ein Recht auf beide Elternteile"

Thomas Sörensen, der Vater von Oliver, spricht im Interview über den Prozess und wie es dem Buben derzeit geht.

KURIER: Ist Oliver schon in der Schule und wie geht es ihm?

Thomas Sörensen: Er ist derzeit noch im Kindergarten und er spielt sehr viel Fußball. Er ist in einem Team, wo die Eltern die Coaches sind. Da bin ich auch viel mit ihm, da hat er sehr große Freude.

Glauben Sie, dass Sie das Sorgerecht übertragen bekommen?

Oliver wurde nach Österreich gekidnappt, das war illegal. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass ich kommende Woche das alleinige Sorgerecht für ihn erhalten werde.

Würden Sie uns ein aktuelles Foto von Oliver schicken, um zu zeigen, dass es ihm derzeit gut geht?

Nein, das möchte ich eigentlich nicht. Ich will derzeit keine Publicity in dem Fall. Und bevor der Prozess kommende Woche ab­geschlossen ist, möchte ich eigentlich nicht mit der Presse reden.

Sehen Sie trotzdem noch eine Chance auf eine Einigung mit Ihrer Ex-Partnerin?

Ich hoffe schon, ich habe immer gesagt, dass Oliver ein Recht auf beide Elternteile hat. Ich würde mir wünschen, dass das noch so klappt in Zukunft.

Spricht Oliver noch Deutsch oder hat er sich schon eingelebt bei Ihnen?

Ihm geht es hier sehr gut, er ist sehr fröhlich und hat sich gut in seiner Umgebung eingelebt. Dänisch ist ja seine Muttersprache und hier bei uns spricht er ohnehin nur Dänisch.

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