Obamas große Schwester im KURIER-Interview

Obamas große Schwester im KURIER-Interview
Auma Obama, weit gereiste Germanistin und Halbschwester des amerikanischen Präsidenten, will aus dem Schatten Barack Obamas treten.
Von Uwe Mauch

Mit einem Vortrag von Auma Obama wurde Donnerstagabend die diesjährige GLOBArt Academy im Kloster und in der Stadt Krems eröffnet. Zuvor gab die 51-jährige Germanistin, die lange in Deutschland, in England und auch in den USA gelebt hat, dem KURIER Einsichten in ihr exklusives Leben. Fragen über ihren jüngeren Halbbruder Barack kann man stellen, man bekommt nur keine Antwort.

KURIER: Frau Obama, sind Sie stolz auf Ihren Bruder?

Auma Obama: In Bezug worauf? Ich dachte, wir reden über meine Arbeit.

Keine Antwort ist auch eine Antwort. Inwiefern hat die Präsidentschaft Ihres Bruders Ihr Leben verändert?
Sehr. Die Tatsache, dass man meinen Bruder weltweit kennt, hat Türen geöffnet. Ich bekomme seither sehr viel Aufmerksamkeit. Allerdings erfahren die Leute schnell, dass es wenig zu holen gibt, wenn sie mich nur wegen meines Bruders kennenlernen wollen. Denn ich versuche, ihnen über meine Arbeit zu zeigen, dass ich mehr zu bieten habe.

Sie sind in Kenia aufgewachsen, haben auf drei verschiedenen Kontinenten gelebt. Wo sind Sie zu Hause?
Heimat hat für mich keine Adresse. Ist kein Ort, kein Haus, keine Straße. Meine Heimat ist dort, wo ich mich wohlfühle, wo Menschen leben, die mir wichtig sind, die auch mich für wichtig erachten und bei denen ich das Gefühl habe, dass ich mich verwirklichen kann. Übrigens ist Verwirklichen ein Begriff, der mir erst in Deutschland sehr vertraut wurde.

Das bedeutet, dass Sie ständig unterwegs sein müssen.
Stimmt. Manchmal wünsche ich mir, dass alle Freunde in derselben Straße wohnen. Ich beneide dann die Leute, die so etwas haben. Andererseits ist mein Leben auch sehr
bereichernd. Die Welt ist kleiner geworden.

Was war für Sie als afrikanische Frau in Europa am Bedrückendsten?
Die Tatsache, dass mein anderes Aussehen immer ein Thema war, Menschen sogar beängstigt hat. Ich kam mit 19 nach Deutschland. Zuvor, in Kenia, war meine Hautfarbe, Haarfarbe nie ein Thema für mich.

War es die Ignoranz der Europäer, die Sie gestört hat?
Wir haben in der Familie und in der Schule viel über Europa gelernt, umgekehrt habe ich das Gefühl, dass man in Europa wenig über Afrika weiß. Dabei gibt es hier Fernsehen, Zeitungen, alle Möglichkeiten, an Informationen zu kommen.

In Ihrer Doktorarbeit haben Sie die Arbeitsethik in Deutschland mit jener in Kenia verglichen. Wo liegt für Sie der größte Unterschied?
In Deutschland ist ein wichtiges Wort die Pflicht . Die Deutschen sind sehr stark durch ihr Pflichtgefühl getrieben. Sie fühlen sich verpflichtet, ihre Arbeit so gut wie möglich zu machen, um ein höheres Niveau zu erreichen. Die Arbeit scheint somit auch die Person zu bestimmen, weil der eigene Ruf davon abhängt.

Und in Kenia?
Auch in Kenia ist die Arbeit wichtig. Man arbeitet sehr hart - übrigens im Gegensatz zum gängigen Klischee, wonach die Afrikaner faul sind. Man definiert sich nicht über Arbeit. Und daher kann man die Arbeit auch einmal lassen. Meine These: Gäbe es dieses Pflichtgefühl nicht, wäre die deutsche Ethik jener der Kenianer ähnlicher.

Die "Box Girls" (Bem.: Teilnehmerinnen eines Jugend-Sport-und-Sozial-Projekts von CARE) in Nairobi sehen sehr entschlossen aus. Haben sie eine faire Chance?
Genau das ist noch immer der Schwachpunkt. Die Rahmenbedingungen sind sehr eng. Wir können sie über den Sport fördern, aber dann fehlen oft die Ressourcen, um weiter führende Ausbildungen zu ermöglichen.

Ist humanitäre Arbeit ein Tropfen auf den heißen Stein, der bestehende Verhältnisse nur weiter bestärkt, oder ein steter Tropfen, der langsam Veränderungen herbeiführt?

Wenn jemand auf der Straße hinfällt und sich den Kopf blutig schlägt, darf man nicht einfach vorbeigehen. Dann muss man was tun.

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