Mit 140 km/h auf Mure zugerast
Der Schnellzug 611 von Salzburg nach Graz war bummvoll mit Reisenden, als er am Sonntag gegen 19 Uhr im Paltental bei Trieben mit 140 km/h in eine abgehende Mure raste.
Die Notbremsung des Lokführers verhinderte nicht, dass der Steuerwagen und vier Waggons aus den Gleisen sprangen. "Zum Glück sind sie nicht umgestürzt", schildert der Liezener Bezirkshauptmann Josef Dick. Sonst hätte es vermutlich Tote gegeben.
Stromfalle
Elf der 220 Passagiere wurden verletzt (sie konnten am Montag die Spitäler wieder verlassen) . Die Evakuierung des Zuges gestaltete sich schwierig. "Wir haben zunächst sicherstellen müssen, dass der Unfallort nicht unter Strom steht. Bis an einem Sonntagabend ÖBB-Mitarbeiter verfügbar waren, die die Schutzerdung überprüft haben, hat das natürlich gedauert. Aber so lange haben wir niemanden aussteigen lassen können. Da geht es immerhin um 15.000 Volt", sagt Dick. Erst nach diesem Sicherheitscheck hätten die Notärzte durch den Zug gehen können, um Verletzte in den Waggons erstzuversorgen.
Für viele Passagiere dauerte die Prozedur zu lange. Sie wollten einfach raus, doch eine geordnete Evakuierung über einen tiefen Graben zu einem Sammelpunkt war notwendig. "Es waren Sehbehinderte dabei, alte Menschen, Mütter mit Kindern. Jeder wurde namentlich registriert, falls besorgte Angehörige anrufen", beschreibt Dick. Nicht jeder habe schließlich ein Handy.
Bezirksalarm wurde gegeben. 50 Rotkreuzhelfer und drei Notärzte, eine Hubschraubercrew, 67 Feuerwehrleute und ein Kriseninterventionsteam gaben ihr Bestes.
Auslöser
Was hatte den Unfall ausgelöst? Über dem Großraum Trieben ging Sonntagabend ein heftiges lokales Gewitter mit ungewöhnlich großen Regenmengen nieder. Die Lawine aus Schlamm und Geröll bildete sich nach Verklausungen in einem Graben auf einem Berghang unterhalb der Kaiserau.
Ausgerechnet der Landesgeologe Hermann Konrad saß mit seinen Kindern, 12 und 14 Jahre alt, im ersten Waggon des Zuges. "Ich hab’ schon die graue Masse auf die Gleise zukommen sehen – und gleich gewusst, das geht sich nicht mehr aus. Wir haben uns auf den Boden gelegt, um ärgeren Verletzungen vorzubeugen." Die Familie blieb unverletzt. Andere Passagiere aber wurden teils durch die Waggons geschleudert.
Keine Alarmierung
Die ÖBB beziffern den Schaden mit mehreren Hunderttausend Euro. Da die Mure direkt vor dem Zug abgegangen sei, habe es keine Alarmierung gegeben, erklärt ÖBB-Sprecher Christoph Posch. "Normalerweise wird bei Murenabgängen und anderen Behinderungen die Strecke automatisch gesperrt."
Die Bahnstrecke war ab Montagabend wieder eingleisig befahrbar.
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