Mission Stratos: Der Sprung zum Ruhm

Mission Stratos: Der Sprung zum Ruhm
Extremsportler riskieren für den Erfolg ihr Leben, gehen mit dem Körper an die Grenzen. Warum tut man sich so etwas an?

Günter Amesberger weiß, wie Extremsportler wie Felix Baumgartner ticken. Der Sportpsychologe lehrt an der Uni Salzburg und ist Mentalcoach von Topathleten.

KURIER: Warum gehen Menschen an die Grenzen und setzen sich extremen Situationen aus?

Günter Amesberger: Es ist nicht so sehr die Risikosuche, die einen antreibt, sondern man will in unserer sehr vorbestimmten Welt etwas nach seinem individuellen Entwurf schaffen. Eine einzig­artige Leistung, die auf einen selbst zurückzuführen ist, und wo man das Leben in die eigene Hand nimmt.

Felix Baumgartner gibt bei seinem Stratos-Projekt sehr viel Verantwortung ab?
Ja, das ist sehr spannend. Er gibt auch zu, dass seine größte Angst jetzt ist, dass die Technik versagt. Früher, beim Basejumpen, gab es nur den Fallschirm und ihn. Nun ist er von einem großen Team abhängig.

Wie beurteilen Sie das Stratos-Projekt inhaltlich?
Da tun sich durch die aufwendige Inszenierung neue Dimensionen im Extremsport auf. Durch die Technik ist das Risiko als Außenstehender schwer einzuschätzen. Und es wirft ethische Fragen auf: Da begibt sich ein Mensch in Lebensgefahr und über 35 Kameras übertragen das live in die Welt.

Mission Stratos: Der Sprung zum Ruhm

Welche Persönlichkeit haben Extremsportler – sind sie Narzissten, Egoisten, Einzelgänger?
Es sind natürlich Menschen, die das, was sie tun, sehr in den Mittelpunkt stellen und wichtig nehmen. Es ist für sie wichtig, An­erkennung zu bekommen. Sie finden ihre Identität über die Leistung. Und sie sind oft gar nicht so emotional wie man denkt. Sie analysieren sehr nüchtern, wo die Gefahrenquellen sind und wann man umdrehen muss.

Ist es einem in die Wiege gelegt, Extremes zu leisten?
Es sind sicher gewisse genetische Voraussetzungen da, dazu kommen später Verstärker – wenn man etwa von außen Bestätigung für das bekommt, was man tut.

Welche Rolle spielt Angst bei extremen Abenteuern?
Messungen von uns haben ergeben, dass die Sportler während der Umsetzung relativ angstfrei sind. Die Angstbewältigung findet im Vorfeld statt. Man muss subjektiv eine totale Sicherheit empfinden, dann ist man ganz auf die Lösung der Handlung fixiert.

Es lastet auf Baumgartner ein sehr großer Druck, wenn alles auf den 8. Oktober hingetrimmt ist? (Anm. der Redaktion: der Start wurde auf 9. Oktober verschoben)
Es ist sicher ein besonderes Setting: Alle schauen zu und da ist enorm viel Technik. Aber er muss den Druck als Chance sehen. Aus der Angst Euphorie machen: Ich kann vor Publikum was Einmaliges, Tolles abliefern.

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Joe Kittinger: Die Stimme im Ohr von Felix Baumgartner

Ursprünglich sollte das große Stratos-Abenteuer am 8. Oktober über die Bühne gehen. Der Start wurde nun auf den 9. Oktober verschoben. Luftfahrtlegende Joe Kittinger wird dann die Stimme im Ohr von Felix Baumgartner sein. Der 83-Jährige ist der Einzige, mit dem der Salzburger kommuniziert. Zwischen den beiden herrscht eine tiefe Verbundenheit.

Kittinger war Kampfjet­pilot der U.S. Airforce und sprang vor 52 Jahren aus über 31 Kilometern Höhe aus einem Ballon. Er hilft nun Baumgartner dabei, seinen eigenen Rekord zu brechen, nachdem er zuvor schon mehr als 20 anderen Interessierten seine Mithilfe verweigert hatte.

Während des Aufstiegs wird Kittinger bestimmte Daten abfragen. Verwendet werden komplizierte Codes, aber auch witzige Umschreibungen. "Letzte Chance in den Regenwald zu gehen" bedeutet etwa letzte Möglichkeit, aufs Klo zu gehen.

"Er weiß einfach, wie man sich dort oben fühlt. Es hat sich eine tiefe Freundschaft entwickelt", erzählt der 43-jährige Extremsportler über Kittinger, den er respektvoll mit "Sir" anspricht.

Kittinger nennt Baumgartner liebevoll "son" – Sohn. Beim zweiten Testsprung, erzählt Kittinger gerne, hatten beide fast den gleichen Puls. "Ich weiß, wie extrem schwierig die Bedingungen dort oben sind. Aber Felix ist gut vorbereitet. Im Notfall bin ich der Ersatzmann."

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