Ledige Väter erhalten Recht auf Obsorge

Gute Papas, kleine Hoden
Väter von unehelichen Kindern und Scheidungsväter bekommen mehr Rechte. Die Richter bekommen viel Arbeit, Anwälte sind skeptisch.

Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) hat ihren Entwurf für ein neues Familienrecht fertig. Demnächst will sie darüber mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) verhandeln. Zentraler Punkt ist die gemeinsame Obsorge, die künftig auch gegen den Willen eines Elternteils möglich sein soll. Das gilt für Scheidungskinder und für uneheliche Kinder.

Der genaue Gesetzestext wird noch geheim gehalten. Was bisher bekannt ist, sorgt jedoch bei Familienrichtern und Anwälten bereits für heftige Diskussionen. Sie erwarten einen Ansturm von Vätern, die bisher keine Obsorge haben. Theoretisch sind 750.000 Väter von minderjährigen Kindern betroffen.

Ledige Väter erhalten Recht auf Obsorge

 

Was wird für uneheliche Kinder gelten?

Derzeit bekommt die Mutter das alleinige Sorgerecht – auch wenn der Vater die Vaterschaft anerkennt. Beide Eltern können gemeinsam bei Gericht die gemeinsame Obsorge beantragen.

Künftig soll der Vater auch ohne Einverständnis der Mutter die gemeinsame Obsorge beantragen können.

Rechtsanwältin Andrea Wukovits hält das für bedenklich: "Die Mutter muss bei der Geburt das Sorgerecht bekommen. Sonst geben viele Frauen den Namen des Vaters nicht an." Eine verordnete gemeinsame Obsorge im Streitfall hält sie nur unter bestimmten Voraussetzungen für möglich: Der Kontakt zum Kind müsse gut sein, ebenso das Engagement bei Betreuung und Erziehung. Außerdem müssten die Unterhaltszahlungen klar geregelt sein.

Geplant ist auch eine – noch nicht bekannte – Frist, wie lange nach der Trennung Väter von unehelichen Kindern die Obsorge beantragen können. Einigen sich die Eltern, sollen sie sich künftig den Weg zum Gericht ersparen und nur eine notariell beglaubigte Erklärung beim Standesamt vorlegen müssen. Die Familienrichter sind dafür, die Anwälte sind dagegen.

Was ändert sich bei Scheidungen?

Grundsätzlich können die Eltern bei der Scheidung vereinbaren, wer die Obsorge für die Kinder bekommt. Mehr als 50 Prozent entscheiden sich schon bisher für die gemeinsame Obsorge. Streiten die Eltern, muss ein Familienrichter nach der derzeitigen Gesetzeslage die Obsorge einem Elternteil zusprechen. Künftig kann die gemeinsame Obsorge auch gegen den Willen eines Elternteils erteilt werden.

Doris Täubel-Weinreich, Vorsitzende der Fachgruppe Familienrichter, begrüßt die Pläne grundsätzlich, warnt aber vor zu hohen Erwartungen: "Wenn die Eskalation zwischen den Eltern zu groß ist, oder wenn Gewalt im Spiel ist, geht das sicher nicht." Wenn aber der Trennungsstreit gar nichts mit dem Kind zu tun habe, etwa wenn ein Partner fremdgeht, beide aber eine gute Bindung zum Kind haben, könne sie sich vorstellen, für die gemeinsame Obsorge zu entscheiden.

Anwältin Wukovits ist noch skeptischer. Eltern, die sich in einem massiven Trennungskonflikt befinden, könnten sich schwer auf eine gemeinsame Erziehung einigen. Sie hält hier eine Übergangsregelung für sinnvoll. "Wenn sich die Eltern beruhigt haben, ist die gemeinsame Obsorge leichter möglich."

Wer berät die Richter?

Das Gesetzespaket sieht den flächendeckenden Ausbau der Familiengerichtshilfe vor. Das heißt, dass es bei den Gerichten Psychologen und Sozialarbeiter gibt, die im Streitfall zwischen den Eltern vermitteln sollen. Das war ein Wunsch der Familienrichter. Täubel-Weinreich glaubt dass die Verfahren dadurch schneller und auch billiger werden können. "Derzeit müssen wir viele Gutachten einholen, die lange dauern und 3000 oder 4000 Euro kosten."

Anwältin Wukovits ist strikt dagegen und spricht von "Hinterzimmer-Rechtssprechung. Der Richter schickt die Eltern ins nächste Zimmer, wo ihnen gesagt wird, wie sie sich verhalten sollen."

Wie soll das Besuchsrecht durchgesetzt werden?

Wenn ein Elternteil dem anderen das Besuchsrecht verweigert, sollen Richter die Eltern künftig zu einer Erziehungsberatung schicken dürfen. Täubel-Weinreich: "Das kann verhindern, dass Konflikte noch schlimmer werden. Viele Eltern wissen oft nicht, warum ein Kind so oder so reagiert und weisen dem andern die Schuld zu." Wukovits warnt vor einem Zwang: "Richter und deren Gehilfen haben nicht in die Inhalte der Erziehung einzugreifen."

Was ist gut für die Kinder?

Im neuen Familienrecht ist erstmals eine Definition des Kindeswohles vorgesehen. Zwölf Punkte sollen erklären, was gut ist für die Kinder. Strittig ist etwa noch die Formulierung, das die "Lebensverhältnisse des Kindes und der Eltern zu berücksichtigen sind". Die Anwältin befürchtet, dass das zugunsten von Vätern ausgelegt werden könnte.

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