KURIER family-coach: Zwanglos lernen

KURIER family-coach: Zwanglos lernen
Förderwahn. So schaffen Eltern den Balanceakt zwischen fördern und überfordern.

Lernkurse für Kleinkinder oder gar Fremdsprachen im Mutterleib lernen. Viele Eltern wissen nicht, wie viel Förderung für ihr Kind gut ist, wann es Zeit für Pausen ist und wann es zu viel wird. Maria Götzinger-Hiebner, Legasthenietherapeutin der pädagogischen Hochschule Wien, will Eltern beruhigen: „Ganz richtig macht es niemand. Die Absicht, alles perfekt zu machen, verursacht mitunter sogar viel Leid. Da ist es notwendiger, darauf zu schauen, dass sich alle Beteiligten wohlfühlen.“ KURIER Familycoach Martina Leibovici-Mühlberger ist ähnlicher Meinung: „Ich rate grundsätzlich davon ab, das Kind bereits im Mutterleib zu bombardieren, etwa mit Kopfhörern, durch die ein Englischkurs schallt.“

Götzinger-Hiebner erlebt immer wieder, dass Eltern ihr Kind unwissentlich überfordern: „Durch den Druck, das Kind bis zum Ende der Volksschulzeit fit für eine höhere Schule zu machen, kommen Kreativität und Bewegung häufig zu kurz.“ Oft wird dann im Zweifelsfall lieber noch mehr geübt, was das Kind aber eher überfordert, als es ihm hilft.

Freiraum

Viel wichtiger als Fachliches Fördern ist, das Kind in sozialen Bereichen auf positive Weise zu unterstützen. Weiters sollte dem Kind Raum und Zeit gegeben werden. Familycoach Leibovici weiß, warum: „Freiraum ist gleichzeitig Ausdrucksmöglichkeit für Talente und Fähigkeiten.“ Der wichtigste Grundstein für eine adäquate Förderung ist auf jeden Fall die Beziehung zwischen Eltern und Kind. Eine liebevolle Bindung, in der auf das Kind eingegangen sowie auf seine Wünsche und Abneigungen reagiert wird, ist eine weitere wichtige Voraussetzung für eine gesunde Entfaltung von Fähigkeiten. Götzinger betont: „Kinder sollten nicht jede Stunde ihres Daseins verplant werden, sondern ausreichend Zeit für freies Spiel haben.“ Auch Familycoach Leibovici rät dringend von „Freizeit-Stundenplänen“ ab: „Das unnötige Zupflastern mit Aktivitäten wird nie so viel bringen, wie freie Zeitsegmente, in denen das Kind freudvolle Situationen zusammen mit seinen Eltern erlebt.“ Durch übertriebenen Druck könnte es sogar passieren, dass ein Talent verkümmert, weil das Kind abgeschreckt ist. Götzinger ergänzt: „Menschen haben meist dann Erfolg, wenn sie tun können, wozu sie begabt sind und was ihnen Freude bereitet.“

Weitere Problemsituationen in der Frühförderung entstehen meist dann, wenn Eltern zu hohe Erwartungshaltungen an ihr Kind stellen. Auch hier rät Götzinger, einen Gang hinunterzuschalten: „Kinder entwickeln sich verschieden schnell, und Fehler sind ein selbstverständlicher Teil des Lernens. Dem Kind Freude an jedem Fortschritt zu zeigen, hilft mehr, als zu viel zu fordern.“

Viele Eltern sind dennoch unsicher und wissen nicht, wie sie ihr Kind beim Lernen unterstützen können. Abhilfe schafft hier ein einfacher Tipp, den Götzinger erklärt: „Der Schulstoff sollte auf jeden Fall aufgeteilt werden. Jeden Tag ein bisschen üben, aber nicht länger als zehn bis fünfzehn Minuten am Stück.“ Diese kleinen Einheiten, gepaart mit häufigen Wiederholungen, entsprechen der Funktionsweise unseres Gehirns. Leistungsdruck ist auch hier fehl am Platz. „Wenn einem Lernschwächen auffallen, sollte Rat bei einem Spezialisten gesucht werden. Besonders wichtig ist allerdings, bei Vorschulkindern auf die richtige Sprachentwicklung zu achten“, rät die Therapeutin.

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