Kriegsangst in Georgien
Im Windschatten der Krise um den Iran könnte ein anderer schlummernder Konfliktherd erneut hochkochen – der Kaukasus. Es riecht nach Eskalation. "Unmoralisch" und "idiotisch" nannte Georgiens Staatschef Michail Saakaschwili unlängst Äußerungen der Opposition, der Präsident bereite das Land auf einen Krieg vor.
Zuvor hatte der Vorsitzende des Oppositionsbündnisses Neue Allianz, Irakli Alasanja, gegenüber westlichen Diplomaten Saakaschwili vorgeworfen, paramilitärische Einheiten trainieren zu lassen. Saakaschwili bereite nicht den Boden für freie und faire Wahlen, er bereite den Boden für eine öffentliche Hinrichtung der Opposition.
Kommenden Oktober sollen plangemäß Parlamentswahlen stattfinden. Und Saakaschwili nannte die Anschuldigungen der Opposition einen Versuch, ihn bereits jetzt in den Wahlkampf zu ziehen. Aber immer öfter gibt es Zweifel daran, dass die Wahlen termingerecht stattfinden werden.
Das georgische Parlament finalisiert derweil seinen Umzug. Ende Mai soll es soweit sein. Dann wird es erstmals nicht in Tiflis, sondern in Kutaisi im Westen des Landes tagen. Offiziell, um die Regionen mehr in die parlamentarische Arbeit miteinzubeziehen. Andere hingegen sprechen von einer Evakuierung von Tiflis.
Derzeit trainieren georgische Truppen gemeinsam mit US-Marines. Russlands Außenminister Sergei Lawrow nannte diese Übung eine "Provokation". Im Fall eines amerikanischen Waffenganges gegen den Iran würde Georgien als engster Verbündeter der USA in der Region eine Schlüsselrolle zukommen – sehr zum Ärger Moskaus.
Russlands Antwort darauf ist eine, die Erinnerungen an 2008 hochkommen lässt: Damals waren es Scharmützel und beidseitige Großmanöver, die den Krieg um Südossetien und Abchasien einläuteten. In Südrussland steht eines der größten Manöver der letzten Jahre bevor. Das russische Planspiel: Zur Unterstützung des zwischen der Türkei und Aserbaidschan eingekeilten Armenien soll ein Korridor eingerichtet werden – quer durch georgisches Gebiet. Das würde Moskau nebenbei die Kontrolle über die georgischen Gas- und Erdölleitungen bringen. Ein im Exil in Wien lebender georgischer Oppositionspolitiker ist überzeugt, dass dieses Szenario umgesetzt werden wird. Die International Crisis Group spricht dagegen von Spekulationen in einem Wahlkampf, der seine Schatten voraus werfe.
25.000 Mann starke tschetschenische Einheiten wurden unlängst nach Dagestan verlegt. Die Rede ist von einer Offensive gegen Islamisten – die nach russischem Verständnis von Georgien aus operieren. Ein Rückzug dieser Rebellen nach Georgien könnte zum Vorwand für einen russischen Vorstoß dienen.
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