Konsul in Abu Dhabi muss Ade sagen

Konsul in Abu Dhabi muss Ade sagen
Neue Dokumente und Aussagen erhärten einen schwerwiegenden Verdacht gegen einen österreichischen Diplomaten.

Der Konsul muss seinen Arbeitsplatz räumen. Gerhard Dedic wird Mitte Juli aus Abu Dhabi nach vier Jahren im Amt nach Wien fliegen. In der Heimat erwartet den Diplomaten nicht nur Erfreuliches. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen Konsul Dedic in Zusammenhang mit einem Syrer namens Mohamadziad Naim Al Kawadri, der in den Arabischen Emiraten zahlreiche Ausländer mit erschlichenen Vollmachten um Hab und Gut gebracht haben soll. Überdies wird dem Rechtsberater und Übersetzer Beteiligung an Schlepperei, Urkundenfälschung, Visa-Handel vorgeworfen – Herr Kawadri bestreitet jegliche Vorwürfe vehement.

Kawadri soll jedenfalls von Österreichs Konsul Dedic an hilfesuchende Österreicher vermittelt worden sein. Der KURIER berichtete erstmals im letzten September über die schwerwiegenden Vorwürfe, nach Anzeigen von Geschädigten wurden die österreichischen Behörden aktiv. Es geht im Fall Dedic um den Verdacht des Amtsmissbrauchs und der Veruntreuung. "Das Ermittlungsverfahren gegen Dedic und Kawadri ist noch offen", heißt es seitens der Staatsanwaltschaft Wien.

Umfassende Vollmachten

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Dem KURIER liegen nun neue Informationen und Unterlagen vor, die die Verdachtslage erhärten und Konsul Dedic in Erklärungsnot bringen. Etwa Vollmachten für Kawadri, ausgestellt 2008 und 2010. Inhalt: "The Austrian Embassy in Abu Dhabi certifies herewith that it has appointed Dr. M. Z. N. Al Kawadri as a legal advisor to entercede and take all legal actions in favour of our Austrian citizens." (siehe Faksimile).

Das heißt: Offizielle Bestellung zum Rechtsbeistand. Rechtliche Handhabe jeglicher Art. Die Vollmachten sind versehen mit dem Stempel der österreichischen Botschaft – und unterfertigt von Österreichs Konsul Gerhard Dedic. Der KURIER verfügt über weitere Dokumente – wie Stempel, Pässe, Zertifikate, Vollmachten (auch aus Deutschland und Griechenland), die aus dem Fundus des Herrn Kawadri stammen.

Schriftliche Aufträge

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Der viel beschäftigte Syrer bestreitet auch gar nicht, im Dienste diverser Botschaften unterwegs gewesen zu sein. Und wie war das mit Österreich?

Dem KURIER erklärt er: "In unseren Rechtsberatungsfirmen haben wir seit 1998 Originalvollmachten, Vereinbarungen, Prozessunterlagen von über 60 Österreichern, die uns an die österreichische Botschaft empfohlen haben. Seit 2008 erteilte uns Konsul Dedic schriftliche Aufträge."

Insgesamt seien knapp 20 Kunden via Österreichische Botschaft zu ihm, Kawadri, gekommen. Es habe Anrufe gegeben, um juristische Hilfe für Österreicher zu erbitten. "Diese Anrufe kamen von mehr als fünf Angestellten der Botschaft."

Das wirft freilich Fragen auf: Wenn Österreicher Hilfe bei der Botschaft suchten, warum stattet der umstrittene Konsul Dedic einen externen Rechtsberater mit umfassenden Vollmachten aus, wenn man doch über einen offiziellen Vertrauensanwalt in Abu Dhabi verfügt?

Konsul Dedic dementiert jegliche Vorwürfe und behauptet: "Es hat keine derartigen Vollmachten für Herrn Kawadri gegeben." Also handelt es sich um Fälschungen, inklusive des Konsuls Unterschrift? "Wir wissen, dass auch gefälschte Dokumente in Umlauf sind", erklärt der Konsul. Und die schriftlichen Aufträge und die Anrufe von mehreren Botschaftsangehörigen, von denen Kawadri spricht? Dedic: "Das kann ich mir nicht erklären."

Intensive Ermittlungen

Das Außenministerium ist an Erklärungen interessiert. Es gab interne Ermittlungen. Sprecher Peter Launsky-Tieffenthal sagt zu den neuen Entwicklungen: "Offenbar hat sich Herr Kawadri, der als Übersetzer empfohlen wurde, als mehr ausgegeben, als er war. Wir haben uns jedenfalls sofort von ihm distanziert, als wir auf Un­gereimtheiten hingewiesen wurden. Auch haben wir umgehend mit der Staatsanwaltschaft kooperiert."

Übrigens: Rechtsberater Kawadri wurde nach KURIER-Informationen vor kurzem in den Emiraten wegen Betrugs in erster Instanz zu einem Jahr Haft verurteilt.

Ein ehemaliger deutscher Vizekonsul in Abu Dhabi, der ebenfalls mit Kawadri kooperiert haben soll – wurde im Vorjahr wegen Verdachts auf Schlepperei in Berlin verhaftet.

Für alle Genannten gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

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